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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 326: Arbeitszeit – aktuelle Entwicklungen VI
- Ruhepausen/Ruhezeit/Sonntagsruhe -

Frage:

Darf der Arbeitgeber meine unbezahlten Ruhepausen so legen wie er will oder mir empfehlen, diese je nach Arbeitsanfall flexibel einzurichten? Muß Sonntagsruhe immer eingehalten werden, oder kann ich bei Bedarf auch am Sonntag arbeiten? Wie lange sind die Ruhezeiten zwischen zwei Arbeitstagen?

Der Fall:

    Altenpfleger Friedrich Krupp betreut im Altenheim in der Nachtschicht alleine eine ganze Station. Wegen seiner unbezahlten Ruhepause ordnet sein Arbeitgeber August Bebel an, daß Krupp diese Ruhepausen flexibel nehmen solle, wenn die alten Menschen gerade Ruhe geben.
    Roald Amundsen kehrt gerade von einer Nordpolexpedition zurück. Sein Arbeitgeber und Walfänger Hauke Haien will ihn sofort in ein Forschungsschiff zum Südpol verfrachten. Amundsen will wenigstens eine Ruhepause, um mit seiner Frau zu kuscheln.
    Caspar David Friedrich ist Landschaftsgärtner. Er soll am Sonntag im Klosterpark für eine anstehende Malaktion den Rasen mähen und die Eichen malerisch stutzen. Käthe Kollwitz ist Erntehelferin und muß am Sonntag aufs Feld, da ein Gewitter droht. Die arbeitslose Madame Pompadour hat einen Job als Kellnerin im Ausflugslokal „Zum schönen Ludwig“. Es gefällt ihr überhaupt nicht, daß sie am Sonntag bedienen soll.

Die Lösung:

5. Schutzvorschriften

    Dem Arbeitnehmerschutz dienen nicht nur die vom Gesetzgeber bestimmten Höchstarbeitszeiten. Zum Schutz der Arbeitnehmer hat der Gesetzgeber auch Regelungen über Mindestpausen während der Arbeitszeit geschaffen. Darüber hinaus hat er Mindestruhezeiten zwischen den einzelnen Arbeitsschichten angeordnet. Bei diesen Regelungen handelt es sich um gesetzliche Mindestvorschriften, die vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer in jedem Falle einzuhalten sind.

5. Ruhepausen

    Unter Ruhepausen im gesetzlichen Sinne sind Arbeitsunterbrechungen während der normalen Arbeitszeit zu verstehen. Eine gesetzliche Ruhepause liegt nur vor, wenn dies im Voraus festgelegt ist, oder zumindest im Vorhinein bestimmbar ist. Während dieser Ruhepause ist der Arbeitnehmer weder verpflichte, Arbeit zu leisten, noch verpflichtet, sich für eine Arbeitsleistung bereit zu halten. Vielmehr hat er das Recht, während der Ruhepause seinen Aufenthaltsort und seine Betätigung frei zu wählen.
    Nach der herrschenden Ansicht genügt es, wenn bei Beginn der täglichen Arbeitszeit ein zeitlicher Rahmen feststeht, innerhalb derer die Ruhepausen angetreten werden können. Dies ist z.B. bei den meisten Gleitzeitregelungen der Fall, wo Ruhepausen nicht exakt auf eine feste Uhrzeit festgelegt sind, da Arbeitnehmer „gleiten“.
    Im Falle des Altenpflegers Friedrich Krupp liegt deshalb keine Ruhepause im gesetzlichen Sinne vor.
    Er kann seine Ruhepause nicht im Vorhinein bestimmen. Er kann seinen Arbeitsort und seine Betätigung nicht frei wählen, da er sich stets bereit halten muß, falls er benötigt wird oder ein Notfall vorliegt. Dann muß er die Pause sofort unterbrechen und eingreifen. Dies ist keine Ruhepause im gesetzlichen Sinne.
    Arbeitgeber August Bebel verstößt mit seiner Anordnung grob gegen das Gesetz. Er müßte für die Ruhepausen eine zweite Kraft einsetzen.

6. Pausendauer

    Nach neuerer Regelung muß in den ersten 6 Stunden der Arbeit keine Pause gemacht werden. Bei einer Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden bis zu 9 Stunden beträgt die gesetzliche Ruhepause mindestens 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als 9 Stunden mindestens 45 Minuten. Die Ruhepausen können in Zeitabschnitten von jeweils 15 Minuten aufgeteilt werden. Länger als 6 Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer aber nicht ohne Ruhepausen beschäftigt werden.
    Tarifvertragsparteien können die Gesamtdauer der Ruhezeit in Schichtbetrieben und Verkehrsbetrieben auf Kurzpausen von angemessener Dauer aufteilen.
    Für Jugendliche ist bei einer Beschäftigung von 4,5 bis 6 Stunden eine Pause von mindestens 30 Minuten, bei mehr als 6 Stunden eine Pause von 1 Stunde zu gewähren.
    Ruhepausen sind keine Arbeitszeit. Damit entfällt ein Vergütungsanspruch, wenn nichts anderes im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Davon zu unterscheiden sind die „Betriebspausen“. Solche Pausen sind kurzfristige Unterbrechungen, aus technischen oder betrieblichen Gründen. Diese Pausen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, sind zu bezahlen.

7. Ruhezeit

    Ruhezeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes ist die Zeit zwischen dem Ende einer Schicht oder der Arbeitszeit und dem Beginn der nächsten Arbeitsschicht. In dieser Zeit darf der Arbeitnehmer zu keiner weiteren Erwerbstätigkeit herangezogen werden. Zeiten der Arbeitsbereitschaft oder des Bereitschaftsdienstes zählen nicht zur gesetzlichen Mindestruhezeit, wohl aber die Rufbereitschaft.
    Nach § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben. Dies gilt auch für Roald Amundsen, der nicht einfach in ein neues Schiff zur neuen Expedition verfrachtet werden darf.
    Die Dauer der Ruhezeit kann in bestimmten Branchen um bis zu 1 Stunde verkürzt werden, wenn später ein Ausgleich erfolgt, z.B. in Krankenhäusern, in Pflegeeinrichtungen, Gaststätten, Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk und in der Landwirtschaft.

8. Sonn- und Feiertagsruhe

    Nach § 9 Arbeitszeitgesetz dürfen Arbeitnehmer an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen von 0.00 bis 24.00 Uhr nicht beschäftigt werden. In Mehrschichtbetrieben kann der Beginn und das Ende regelmäßiger Schichten um bis zu 6 Stunden vor- oder zurückverlegt werden. Für Kraftfahrer kann der Schichtbeginn und 2 Stunden vorverlegt werden. Weitere Ausnahmen sind in § 10 Arbeitszeitgesetz geregelt, z.B. für Not- und Rettungsdienste, Polizei, Krankenhäuser, Altenpflege, Gaststätten und Freizeiteinrichtungen.
    Darüber hinaus darf in echten Notfällen abgewichen werden. Dies gilt nicht für Caspar David Friedrich, aber für Käthe Kollwitz und den Erntedienst. Madame Pompadour muß ebenfalls am Sonntag arbeiten.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug