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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 17:  Neues Befristungsrecht

Das Arbeitsrecht ändert sich immer wieder. Für die Praxis sehr wichtig ist es, daß seit dem 1.1.2001 neue gesetzliche Regelungen für den Abschluß von befristeten Arbeitsverhältnissen gelten.  


Der Fall:

    Arbeitgeber Berthold Binzle will diverse Arbeitnehmer befristet einstellen. Er hat von einem neuen Befristungsgesetz gehört. Berthold Binzle fragt, welche Möglichkeiten bestehen.
    Arbeitnehmerin Diana Schönfeld soll von Berthold Binzle als Vertreterin für die erkrankte Mitarbeiterin Mimi Handfest eingestellt werden. Sie weiß aber nicht, wie lange Mimi krank sein wird. Geht das?
    Arbeitnehmer Salvatore Guiliano soll in der Krankenpflege ab dem 1.3.2001 beschäftigt werden. Da er das notwendige Gesundheitszeugnis noch nicht beigebracht hat, darf er zwar anfangen. Das Arbeitsverhältnis steht aber unter der Bedingung, daß das Gesundheitszeugnis positiv ausfällt. Was geschieht bei einem negativen Gesundheitszeugnis? 


Die Lösung:

1. Neues Gesetz

    Seit dem 1.1.2001 gilt das neue Teilzeit- und Befristungsgesetz. Dieses Gesetz behandelt zwei völlig unterschiedliche Teile, nämlich die Teilzeitarbeit einerseits und die Befristung andererseits.
    Bisher war die Befristung gesetzlich in § 620 BGB und dem Beschäftigungsförderungsgesetz geregelt. Das Beschäftigungsförderungsgesetz ist mit dem 31.12.2000 ausgelaufen. An seine Stelle trat das neue Gesetz. Dieses bestätigt z.T. die alten Befristungsregelungen, bringt z.T. aber wichtige Neuerungen. Die Neuerungen des Befristungsgesetzes sind in der Praxis unbedingt zu beachten, um Nachteile zu vermeiden!

2. Altfälle

    Soweit befristete Arbeitsverhältnisse vor dem 1.1.2001 begründet wurden, gelten noch die alten gesetzlichen Vorschriften des Beschäftigungsförderungsgesetzes. Entscheidend ist, daß das befristete Arbeitsverhältnis vor dem 1.1.2001 begonnen hat. Das ist die Masse der z.Zt. noch laufenden befristeten Arbeitsverhältnisse.
    Für alle befristeten Arbeitsverhältnisse, die aber ab dem 1.1.2001 abgeschlossen worden sind und abgeschlossen werden, gelten die neuen Regelungen.

3. Befristungsarten

    Befristet beschäftigt ist ein Arbeitnehmer dann, wenn er mit dem Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag auf eine bestimmte Zeit abgeschlossen hat.
    § 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) unterscheidet zwischen dem “kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag” (Zeitarbeitsvertrag). Daneben setzt es den “zweckbefristeten Arbeitsvertrag”, der sich aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt.
    Der Zeitarbeitsvertrag sieht ein bestimmtes Enddatum oder eine bestimmte Dauer vor.
    Beispiele:
    “Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des 30.6.2002”
    “Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1.3.2001. Es endet nach Ablauf von 12 Monaten.”
    Der zweckbefristete Arbeitsvertrag kennt einen solchen exakten Endzeitpunkt nicht. Er stellt vielmehr auf den Befristungsgrund ab. Problematisch ist allerdings, wenn ein maximaler Endzeitpunkt nicht vorgesehen ist.
    Beispiele:
    “Die Einstellung erfolgt als Vertretung für die erkrankte Mitarbeiterin Mimi Handfest. Das Vertretungsverhältnis endet mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Mitarbeiterin Mimi Handfest.”
    “Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer des Sonderforschungsprojektes ... abgeschlossen.”
    “Das Arbeitsverhältnis wird für die Dauer des Erziehungsurlaubs der Mitarbeiterin ... abgeschlossen.”
    “Frau Diana Schönfeld wird für die Dauer des Räumungsverkaufes in der Abteilung Kinderbekleidung beschäftigt.”
    Solche Zweckbefristungen sind nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich zulässig. Deswegen durfte die Arbeitnehmerin Diana auch als Krankenvertretung für die erkrankte Mitarbeiterin Mimi eingestellt werden. Problematisch ist allerdings immer das Ende des Arbeitsverhältnisses, also die Zweckerreichung.
    In § 15 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzGfG) ist bekümmert, daß dieser zweckbefristete Arbeitsvertrag mit der Erreichung des Zwecks endet. Der Arbeitgeber muß die Zweckerreichung der Mitarbeiterin schriftlich mitteilen. Frühestens 2 Wochen nach Zugang dieser schriftlichen Mitteilung endet das Arbeitsverhältnis dann.
    Problem:
    Über den Zeitpunkt der Zweckerreichung kann gestritten werden. Problematisch ist es insbesondere dann, wenn ein Vertretungsfall sehr lange andauert, z.B. bei der Krankheitsvertretung. Es empfiehlt sich deshalb dringend, ein maximales Ende zu vereinbaren, z.B.:
    “Die Arbeitnehmerin Diana Schönfeld wird als Krankheitsvertretung für die Arbeitnehmerin Mimi Handfest eingestellt, längstens jedoch bis zum 31.12.2002.”

4. Auflösende Bedingung

    Der Befristung gleichgestellt ist die auflösende Bedingung nach § 21 TzBfG.
    Danach endet ein bereits unbefristet abgeschlossenes Arbeitsverhältnis automatisch ohne die Notwendigkeit einer Kündigung und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist endet, wenn eine bestimmte Bedingung eintritt.
    Solche Bedingungen sind nur dann zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorhanden ist. Dies kann dann der Fall sein, wenn im Zuge der Begründung des Arbeitsverhältnisses noch bestimmte Papiere, Tests, Befähigungsnachweise vorgelegt werden müssen oder wenn noch bestimmte Prüfungen absolviert oder abgeschlossen werden müssen, deren Ausgang fraglich ist. Der Arbeitgeber kann z.B. verlangen, daß ein Arbeitnehmer eine Gesundheitsprüfung für die vereinbarte Tätigkeit durchführt. In vielen Fällen ist ein Gesundheitszeugnis sogar zwingend vorgeschrieben. Für den Fall, daß die Untersuchung z.B. durch den Betriebsarzt negativ ausfällt, kann eine auflösende Bedingung vereinbart werden. Das gilt auch für den Krankenpfleger Salvatore Guiliano.
    Als auflösende Bedingung kann auch sein, daß der Arbeitnehmer noch ein qualifiziertes Zeugnis seines früheren Arbeitgebers bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorlegt, daß der Arbeitnehmer z.B. noch eine Zusatzqualifikation erwirbt, und den Führerschein bis zu einem bestimmten Zeitpunkt noch macht etc. Diese Bedingung muß aber stets auf das Arbeitsverhältnis bezogen und die Qualifikation für das Arbeitsverhältnis erforderlich sein.  

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug