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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 2: Die Einstellung: Freie Bewerberauswahl des Arbeitgebers?
Im Rahmen der unternehmerischen Freiheit beanspruchen viele Arbeitgeber einzustellen, wen sie für geeignet erachten. Teilweise wird den Arbeitgebern dieses Recht wieder streitig gemacht.
Der Fall:
Arbeitgeber Peter Pan will eine Stelle in der Lohnbuchhaltung besetzen. In die engere Auswahl fallen 4 Arbeitnehmer. Die 30jährige Buchhalterin Eva lehnt Peter Pan ab, da sie “fast
schwanger” aussieht. Außerdem könnte der flotte Minirock die alten Buchhaltersäcke irritieren.Der Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte Otto Alt macht keinen dynamischen Eindruck. Der erfahrene Buchhalter
Bebel ist alter Gewerkschafter. Nur der unerfahrene, aber jung-dynamische Mike gefällt Peter Pan. Den will er nehmen. Damit sind die anderen nicht einverstanden. Eva ist in ihrer Frauenehre verletzt! Bebel
beruft sich auf ein Einstellungsrecht wegen seiner besseren Qualifikation und auf sein Recht zum Engagement in der Gewerkschaft. Otto pocht auf die Pflicht zur bevorzugten Einstellung Behinderter.
Die Lösung:
1. Freie Bewerberwahl?
Der Arbeitsmarkt ist zunächst ein freier Markt wie andere Märkte auch. Arbeitgeber Peter Pan darf jedoch nicht übersehen, daß auf fast allen Märkten Restriktionen und Grenzen durch den
Gesetzgeber und die Bürokratie gesetzt sind.
2. Gleichbehandlung
Im Bewerbungsverfahren gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht, anders als im Arbeitsverhältnis. Bebel kann gegenüber dem jungen Mike nicht geltend machen, daß er besser qualifiziert,
erfahrener ist und deshalb die Stelle zu bekommen habe. Arbeitgeber Peter Pan hat auch das Recht, einen unqualifizierten oder falschen Bewerber einzustellen. Wenn Arbeitgeber Peter Pan den Eindruck hat, daß
ihm Bebel nicht gefällt, so muß er ihn nicht einstellen. Problematisch wäre allerdings eine Ablehnung wegen der Gewerkschaftszugehörigkeit. Bebel darf nicht wegen seines Engagements in der Gewerkschaft abgelehnt
werden.
3. Diskriminierungsverbot
§ 611a BGB verbietet dem Arbeitgeber die Benachteiligung von Bewerbern wegen des Geschlechtes. Es ist untersagt, einen Mann oder eine Frau nur wegen ihres Geschlechtes bei der
Einstellung abzuweisen. Verstößt der Arbeitgeber gleichwohl dagegen, macht er sich schadenersatz- oder schmerzensgeldpflichtig. Das Argument von Peter Pan, daß keine Frauen in die Buchhaltung kämen, ist
diskriminierend und rechtswidrig. Außerdem ist es rechtswidrig, eine Arbeitnehmerin auf einem Dauerarbeitsplatz nur deshalb abzuweisen, weil sie schwanger werden kann, schwanger “aussieht”, oder gar schwanger
ist. Auch dieses Argument ist rechtswidrig diskriminierend. Es ist generell untersagt, nach der Gewerkschaftszugehörigkeit von Arbeitnehmern zu fragen. Wenn ein Arbeitnehmer in der Gewerkschaft ist, darf er
deshalb nicht abgelehnt werden. Sowohl die Frage wie auch die Ablehnung wäre rechtswidrig und der Arbeitnehmer hätte ggf. einen Schadenersatzanspruch. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Arbeitnehmer bei
einer Gewerkschaft angestellt werden will.
4. Schwerbehinderung / Einarbeitungszuschuß
Arbeitgeber Peter Pan hat den jungen-dynamischen Mike dem Langzeitarbeitslosen und Schwerbehinderten Otto vielleicht rechtmäßig, vielleicht aber auch in unkluger Weise vorgezogen. Ein
Langzeitarbeitsloser oder ein Schwerbehinderter kann oft den Arbeitgeber darauf verweisen, daß das Arbeitsamt oder das Land einen Einarbeitungszuschuß an den Arbeitgeber für 1-3 Jahre zahlen. Dies kann sowohl
für den Bewerber wie auch für den Arbeitgeber sehr hilfreich und lukrativ sein, weil sich solche Zuschüsse oft auf Beträge zwischen 60 und 80 % des Gehalts belaufen. Allerdings muß sich der Schwerbehinderte
Otto hüten, einem “Abstauber”, d.h. einem Subventionserschleicher aufzusitzen! Es gibt Arbeitgeber, die auf dieser Masche “reiten” und versuchen, so billige Arbeitskräfte an Land zu ziehen. Diese Arbeitgeber
versuchen dann, die Schwerbehinderten und Langzeitarbeitslosen mittels Tricks und unfairen Methoden später insbesondere über fristlose Kündigungen loszuwerden, um die Rückzahlung der Zuschüsse zu vermeiden.
Otto muß also zunächst versuchen, den Betrieb des Peter Pan zu prüfen. Sollten dort überwiegend Lohnkostenzuschuß-Arbeitnehmer beschäftigt sein, dann heißt es: Finger weg!
5. Mitbestimmung des Betriebsrats
Die unternehmerische Freiheit wird insbesondere auch durch die Mitbestimmung des Betriebsrats eingeengt. Arbeitgeber Peter Pan darf nicht übersehen, daß bei jeder Einstellung nach § 99
Abs. 1 BetrVG der Betriebsrat ein zwingendes Mitwirkungsrecht hat. Der Betriebsrat kann unter bestimmten Voraussetzungen der Einstellung widersprechen. Hier könnte der Betriebsrat der Einstellung von Mike
widersprechen mit der Begründung, daß die Ablehnung von Eva rechtswidrig und diskriminierend war, ebenso wie die Ablehnung von Bebel wegen seiner Gewerkschaftszugehörigkeit. Arbeitgeber Peter Pan darf dann den
dynamischen Mike nicht einstellen. Ggf. muß er mit dem Betriebsrat vor dem Arbeitsgericht deswegen prozessieren. Stellt Peter Pan den dynamischen Mike trotzdem ein, kann der Betriebsrat nach § 101 BetrVG
verlangen, daß Mike wieder aus dem Arbeitsverhältnis entlassen wird.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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