Folge 69: Private Telefongespräche am Arbeitsplatz
Im Zeitalter von Handy, SMS, e-mail und Internet mehren sich die Probleme der privaten Nutzung von Telefon, Handy etc. am Arbeitsplatz. Viele Arbeitgeber
wollen dies unterbinden, da dies sowohl Geld wie auch Arbeitszeit kostet.
Der Fall:
Arbeitgeber Poseidon betreibt einen Badeartikelhandel. Seine Angestellten Helena, Ikarus etc. müssen im Rahmen der Akquisition viele Telefongespräche mit
Kunden führen. Poseidon stellt fest, daß seine Arbeitnehmer dabei auch zunehmend mehr Privatgespräche auf seinen Apparaten führen. Er untersagt generell das Führen privater Telefongespräche während der
Arbeitszeit. Außerdem will er zur Kontrolle und Sicherheit die Zielnummern aller Anrufe aus der Firma speichern und kontrollieren. Die schöne Helena ist empört. Für ihre Privatgespräche mit Adonis u. Partner
beruft sie sich auf Gewohnheitsrecht. Der hochfliegende Ikarus sieht gar seinen privaten Aktienhandel an der Börse bedroht. Die Betriebsratsvorsitzende Pallas Athene will in jedem Falle bei der Einführung neuer
Maßnahmen mitbestimmen. Arbeitgeber Poseidon ist verwirrt. Was darf er nun?
Die Lösung
1. Privatgespräche am Arbeitsplatz
Die Regelung von Privatgesprächen am Arbeitsplatz ist von Firma zu Firma unterschiedlich. Generell hat kein Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, während der
bezahlten Arbeitszeit, oder gar Kosten des Arbeitgebers über dessen Telefone, Internetanschluß etc. private Gespräche zu führen oder Angelegenheiten zu erledigen. Sofern Arbeitgeber Poseidon den Arbeitnehmern
nicht ausdrücklich oder stillschweigend das Führen von privaten Gesprächen oder Geschäften während der Arbeitszeit genehmigt hat, müssen die Arbeitnehmer davon ausgehen, daß ihnen dies grundsätzlich nicht gestattet
ist. Allerdings ist dabei stets auch auf die betriebliche Übung oder auf vertragliche Regelungen abzuheben. In manchen Unternehmen ist es den Arbeitnehmern ausdrücklich gestattet, Ortsgespräche während der
Arbeitszeit zu führen, nicht aber Ferngespräche. Achtung:
Aber auch dann ist die Dauer der Gespräche von erheblicher Bedeutung. Ausgedehnte Gespräche stellen in jedem Falle eine Arbeitsvertragsverletzung dar. Sofern eine vertragliche Regelung oder Betriebsvereinbarung
über das Führen privater Telefongespräche während der Arbeitszeit existiert, richtet sich die Rechtslage nach diesen Vereinbarungen. Fehlen solche Vereinbarungen aber, ist in der Regel das Führen privater
Telefongespräche während der Arbeitszeit nicht erlaubt. Soweit sich die schöne Helena auf “Gewohnheitsrecht” beruft, ist dies problematisch. Hat Arbeitgeber Poseidon in der Vergangenheit wissentlich
Privatgespräche geduldet, so lag keine Arbeitsvertragsverletzung vor. Dies muß er aber in der Zukunft nicht weiter so genehmigen.
2. Rechtsfolgen unzulässiger Gespräche
Soweit ein Arbeitnehmer entgegen der Anweisung des Arbeitgebers oder der betrieblichen Gepflogenheiten betriebliche Einrichtungen zum Führen von
Privatgesprächen benutzt, begeht er eine Vertragsverletzung. Diese Vertragsverletzung ist kein Kavaliersdelikt! Der Arbeitnehmer schädigt nämlich den Arbeitgeber in zweifacher Weise: Zum einen schädigt er den
Arbeitgeber durch die anfallenden Telefonkosten etc. Zum anderen verrichtet er während der bezahlten Arbeitszeit keine Arbeit, sondern Privatangelegenheiten. Auch hier ist der Schaden des Arbeitgebers u.U. erheblich.
Führen die Arbeitnehmer Helena und Ikarus auch in Zukunft während der Arbeitszeit Privatgespräche trotz gegenteiliger Anweisungen von Poseidon, müssen sie mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen rechnen. Der
Arbeitgeber Poseidon kann sie nach entsprechender Abmahnung wegen Zeit- und Telefonbetruges sogar kündigen. In schweren Fällen kann eine Kündigung auch ohne Abmahnung ausgesprochen werden. Wenn der hochfliegende
Ikarus seinen Aktienhandel während der Arbeitszeit auf Kosten des Arbeitgebers betrieben hat, so stellt dies im Zweifel eine so erhebliche Vertragspflichtverletzung dar, daß der Arbeitgeber keine Abmahnung mehr
aussprechen muß. Zumindest für die Zukunft kann Arbeitgeber Poseidon auch der schönen Helena verbieten, Privatgespräche mit Adonis etc. zu führen. Ein Gewohnheitsrecht für Privatgespräche auch in der Zukunft gibt es
normalerweise nicht.
3. Erfassung von Telefondaten
Die Erfassung von Telefondaten ist in Betrieben bei neueren Anlagen regelmäßig kein Problem. Die Datenerfassung betrifft regelmäßig das Datum, die Uhrzeit
des Gesprächs, die Dauer und die Zielnummer sowohl bei Dienst- wie auch bei Privatgesprächen. Damit kann der Arbeitgeber das Telefonverhalten seiner Mitarbeiter kontrollieren. Eine solche Kontrolle durch den
Arbeitgeber ist grundsätzlich zulässig. Bei der Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten verstößt Arbeitgeber Poseidon auch nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz bzw. die Landesdatenschutzgesetze. Er hält sich
grundsätzlich im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnisses und ist daher nach den §§ 3, 23 Bundesdatenschutzgesetz selbst ohne Einwilligung der Arbeitnehmer zur Datenerfassung berechtigt. § 23
Bundesdatenschutzgesetz läßt nämlich die Speicherung von Daten zu, soweit es zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, daß schutzwürdige Belange
des Angerufenen beeinträchtigt werden.
4. Mitbestimmung
Der Mitbestimmung unterliegt nicht die Frage, ob der Arbeitgeber das Führen von Privatgesprächen während der Arbeitszeit auf seine Kosten gestattet oder
nicht. Will Poseidon das Führen von Privatgesprächen während der Arbeitszeit generell verbieten, braucht er dazu den Betriebsrat nicht anhören. Dagegen fällt die Telefondatenerfassung unter die zwingende
Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Das Gesetz hat alle technischen Kontrolleinrichtungen der Mitbestimmung unterworfen. Arbeitgeber Poseidon muß mit der Betriebsratsvorsitzenden Pallas
Athene deshalb vor der Einführung einer Datenerfassung und -speicherung eine Betriebsvereinbarung über Art und Umfang der Überwachung und über die Speicherung abschließen. Die Betriebspartner müssen dabei dem
Persönlichkeitsschutz der Arbeitnehmer ausreichend Rechnung tragen.
5. Datenschutz
Diese erhobenen Telefondaten dürfen jedoch nur zur Kontrolle des Telefonverhaltens der einzelnen Arbeitnehmer oder ggf. zur Abrechnung bestimmter
Telefonkosten verwandt werden. Eine Verknüpfung mit anderen Daten verstößt gegen den Datenschutz. Die volle Erfassung der Zielnummer verletzt grundsätzlich nicht den Datenschutz des anrufenden Arbeitnehmers. Im
Einzelfall müßte allerdings geprüft werden, ob der Datenschutz des Angerufenen durch die Erfassung verletzt wird.
6. Ausnahmen
Die Telefonerfassung ist nicht bei allen Arbeitnehmern erlaubt. Gesetzlich ausgeschlossen ist die Überwachung einzelner Geheimnisträger. Dies gilt
insbesondere für Arbeitnehmer, denen nach § 203 StGB eine besondere Schweigepflicht obliegt, z.B. Ärzte, Apotheker, angestellte Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Ehe- und Erziehungsberater sowie Frauenbeauftragte.
Auch die generelle Speicherung aller Zielnummern des Betriebsrats ist unzulässig und stellt eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit dar.
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