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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 70: Privathandy im Betrieb

Die massenhafte Verbreitung von Privathandys und deren fortschreitende Nutzungsmöglichkeiten werden die Frage auf, ob und inwieweit private Handys während der Arbeitszeit im Betrieb genutzt werden dürfen.

Der Fall:

Nachdem Arbeitgeber Poseidon seinen Mitarbeitern das Telefonieren auf den Arbeitgebertelefonen streng untersagt und die Kündigung angedroht hat, kommen die schöne Helena und der hochfliegende Ikarus auf die Idee, ihr Privathandy zum Dienst mitzubringen. Sie wollen diese Privathandys während der Arbeitszeit für private Telefongespräche, für SMS, für Abfragen bestimmter Informationen etc. nutzen.
Daraufhin verbietet der Arbeitgeber Poseidon auch die Nutzung privater Handys im Betrieb. Er ordnet an, daß im Betrieb diese Geräte generell abgeschaltet sein müssen. Arbeitnehmerin Helena und Arbeitnehmer Ikarus sind empört. Sie meinen, ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und freien Nachrichtenempfang sei rechtswidrig beeinträchtigt. Auch die Betriebsratsvorsitzenden Pallas Athene ist damit nicht einverstanden und möchte wiederum mitbestimmen.
Doch Arbeitgeber Poseidon bleibt hart.

Die Lösung

1. Arbeitsnotwendige Verbote

Unabhängig von der generellen Frage, ob ein solches Verbot der Nutzung privater Handys generell möglich ist, muß zunächst festgestellt werden, daß sich die Möglichkeit eines Verbotes in bestimmten Berufen und Tätigkeiten schon aus “arbeitsnotwendigen Umständen” ergeben kann.
In allen Bereichen, in denen der Arbeitnehmer hochkonzentriert arbeiten muß, wo er an durchlaufenden Maschinen steht, am Band arbeitet, im Einzelhandel Kunden bedient, bei den Banken im Kundenbereich tätig ist, im Gericht während der Sitzungen, ergibt sich schon aus der Natur der Sache, daß der Arbeitgeber die Nutzung von privaten Handys untersagen kann.
Der Arbeitgeber braucht es sich gefallen zu lassen, daß z.B. Kunden verärgert werden, daß Maschinen nicht richtig bedient oder kontrolliert werden, daß gar Störungen an Bandstraßen eintreten, nur weil der Arbeitnehmer auf seinem Handy privat telefoniert oder angerufen wird.

2. Generelles Verbot

Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage des generellen Verbotes von Privathandys am Arbeitsplatz noch nicht in größerer Weise auseinandersetzen müssen. Dies kann sich aber in Zukunft ändern.
Das private Telefonieren während der Arbeitszeit, auch mit einem Privathandy, das Angerufenwerden, das Versenden oder Empfangen von SMS, das Abrufen von Börsendaten über Privathandy etc. stellt während der Arbeitszeit bei einem entsprechenden Verbot durch den Arbeitgeber generell immer eine Vertragspflichtverletzung dar. Auch wenn der Arbeitgeber Poseidon dadurch keine Fernsprechkosten aufgebürdet bekommt, so muß er während der von ihm bezahlten Arbeitszeit nicht dulden, daß der Arbeitnehmer private Verrichtungen durchführt. Dies gilt auch für die Nutzung von Handys.
Aus diesem Grunde kann der Arbeitgeber generell verlangen, daß Arbeitnehmer während der Arbeitszeit ihre Handys abschalten und damit weder telefonieren noch angerufen werden. Auch Anrufe von Dritten während der Arbeitszeit stellen eine Störung der Arbeitsleistung dar.
Es gibt kein Recht des Arbeitnehmers auf freien Telefon- und Nachrichtenempfang von Außen während der bezahlten Arbeitszeit.

3. Pausen

Etwas anderes gilt während der unbezahlten Pausen. Der Arbeitgeber kann im Normalfall nicht verbieten, daß der Arbeitnehmer z.B. während seiner Mittagspause privat auf seinem Handy telefoniert oder angerufen wird. Diese Zeit dient zwar der Erholung und Entspannung. Telefongespräche während der Pause können im Zweifel aber auch entspannend sein.
Im wesentlichen ist somit die Empörung von Helena und Ikarus nicht gerechtfertigt. In Bezug auf die unbezahlten Pausen durften sie dem Arbeitgeber aber widersprechen.

4. Verstoß

Sofern Arbeitnehmer trotz eines Verbots des Arbeitgebers, während der Arbeitszeit privat auf dem Handy telefonieren oder mit ihm arbeiten, begehen sie einen sog. “Zeitbetrug”. Dies bedeutet, daß der Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit Vergütung bezahlt, in der rein private Verrichtungen durchgeführt wurden.
Arbeitgeber Poseidon braucht sich einen solchen Zeitbetrug nicht gefallen zu lassen. Er kann abmahnen und danach bei weiteren Verstößen ggf. auch kündigen. Bei schweren Verstößen, z.B. bei erheblichem Zeitaufwand durch Privatgespräche kann er auch ohne Abmahnung kündigen.

5. Mitbestimmung

Für das Verbot der Nutzung von Handys bzw. das Gebot zum Abschalten von Handys während der bezahlten Arbeitszeit besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Die Betriebsratsvorsitzende Pallas Athene irrt insoweit. Sollte allerdings der Arbeitgeber eine differenzierte Lösung anstreben und in bestimmtem Umfange eine Privatnutzung von Handys im Betrieb während der Arbeitszeit zulassen, wäre eine Betriebsvereinbarung zwischen Poseidon und Pallas Athene bzw. dem Betriebsrat dringend zu empfehlen.

>> Nächste Folge: Schuldanerkenntnis wegen Telefonierens im Betrieb
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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug