Folge 70: Privathandy im Betrieb
Die massenhafte Verbreitung von Privathandys und deren fortschreitende Nutzungsmöglichkeiten werden die Frage auf, ob und inwieweit private Handys während
der Arbeitszeit im Betrieb genutzt werden dürfen.
Der Fall:
Nachdem Arbeitgeber Poseidon seinen Mitarbeitern das Telefonieren auf den Arbeitgebertelefonen streng untersagt und die Kündigung angedroht hat, kommen die
schöne Helena und der hochfliegende Ikarus auf die Idee, ihr Privathandy zum Dienst mitzubringen. Sie wollen diese Privathandys während der Arbeitszeit für private Telefongespräche, für SMS, für Abfragen bestimmter
Informationen etc. nutzen. Daraufhin verbietet der Arbeitgeber Poseidon auch die Nutzung privater Handys im Betrieb. Er ordnet an, daß im Betrieb diese Geräte generell abgeschaltet sein müssen. Arbeitnehmerin
Helena und Arbeitnehmer Ikarus sind empört. Sie meinen, ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und freien Nachrichtenempfang sei rechtswidrig beeinträchtigt. Auch die Betriebsratsvorsitzenden Pallas
Athene ist damit nicht einverstanden und möchte wiederum mitbestimmen. Doch Arbeitgeber Poseidon bleibt hart.
Die Lösung
1. Arbeitsnotwendige Verbote
Unabhängig von der generellen Frage, ob ein solches Verbot der Nutzung privater Handys generell möglich ist, muß zunächst festgestellt werden, daß sich die
Möglichkeit eines Verbotes in bestimmten Berufen und Tätigkeiten schon aus “arbeitsnotwendigen Umständen” ergeben kann. In allen Bereichen, in denen der Arbeitnehmer hochkonzentriert arbeiten muß, wo er an
durchlaufenden Maschinen steht, am Band arbeitet, im Einzelhandel Kunden bedient, bei den Banken im Kundenbereich tätig ist, im Gericht während der Sitzungen, ergibt sich schon aus der Natur der Sache, daß der
Arbeitgeber die Nutzung von privaten Handys untersagen kann. Der Arbeitgeber braucht es sich gefallen zu lassen, daß z.B. Kunden verärgert werden, daß Maschinen nicht richtig bedient oder kontrolliert werden, daß
gar Störungen an Bandstraßen eintreten, nur weil der Arbeitnehmer auf seinem Handy privat telefoniert oder angerufen wird.
2. Generelles Verbot
Die Rechtsprechung hat sich mit der Frage des generellen Verbotes von Privathandys am Arbeitsplatz noch nicht in größerer Weise auseinandersetzen müssen.
Dies kann sich aber in Zukunft ändern. Das private Telefonieren während der Arbeitszeit, auch mit einem Privathandy, das Angerufenwerden, das Versenden oder Empfangen von SMS, das Abrufen von Börsendaten über
Privathandy etc. stellt während der Arbeitszeit bei einem entsprechenden Verbot durch den Arbeitgeber generell immer eine Vertragspflichtverletzung dar. Auch wenn der Arbeitgeber Poseidon dadurch keine
Fernsprechkosten aufgebürdet bekommt, so muß er während der von ihm bezahlten Arbeitszeit nicht dulden, daß der Arbeitnehmer private Verrichtungen durchführt. Dies gilt auch für die Nutzung von Handys. Aus diesem
Grunde kann der Arbeitgeber generell verlangen, daß Arbeitnehmer während der Arbeitszeit ihre Handys abschalten und damit weder telefonieren noch angerufen werden. Auch Anrufe von Dritten während der Arbeitszeit
stellen eine Störung der Arbeitsleistung dar. Es gibt kein Recht des Arbeitnehmers auf freien Telefon- und Nachrichtenempfang von Außen während der bezahlten Arbeitszeit.
3. Pausen
Etwas anderes gilt während der unbezahlten Pausen. Der Arbeitgeber kann im Normalfall nicht verbieten, daß der Arbeitnehmer z.B. während seiner Mittagspause
privat auf seinem Handy telefoniert oder angerufen wird. Diese Zeit dient zwar der Erholung und Entspannung. Telefongespräche während der Pause können im Zweifel aber auch entspannend sein. Im wesentlichen ist
somit die Empörung von Helena und Ikarus nicht gerechtfertigt. In Bezug auf die unbezahlten Pausen durften sie dem Arbeitgeber aber widersprechen.
4. Verstoß
Sofern Arbeitnehmer trotz eines Verbots des Arbeitgebers, während der Arbeitszeit privat auf dem Handy telefonieren oder mit ihm arbeiten, begehen sie einen
sog. “Zeitbetrug”. Dies bedeutet, daß der Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit Vergütung bezahlt, in der rein private Verrichtungen durchgeführt wurden. Arbeitgeber Poseidon braucht sich einen solchen Zeitbetrug
nicht gefallen zu lassen. Er kann abmahnen und danach bei weiteren Verstößen ggf. auch kündigen. Bei schweren Verstößen, z.B. bei erheblichem Zeitaufwand durch Privatgespräche kann er auch ohne Abmahnung kündigen.
5. Mitbestimmung
Für das Verbot der Nutzung von Handys bzw. das Gebot zum Abschalten von Handys während der bezahlten Arbeitszeit besteht kein Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats. Die Betriebsratsvorsitzende Pallas Athene irrt insoweit. Sollte allerdings der Arbeitgeber eine differenzierte Lösung anstreben und in bestimmtem Umfange eine Privatnutzung von Handys im Betrieb
während der Arbeitszeit zulassen, wäre eine Betriebsvereinbarung zwischen Poseidon und Pallas Athene bzw. dem Betriebsrat dringend zu empfehlen.
>> Nächste Folge: Schuldanerkenntnis wegen Telefonierens im Betrieb
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