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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 168: Neuregelung im Teilzeit- und Befristungsgesetz

Der Fall:

    Jungunternehmer Tristan fühlt sich von Rechtsanwälten und Arbeitsgerichten umzingelt. Er würde gerne viele Mitarbeiter einstellen, er weiß aber nicht, ob es entsprechend gut bei ihm laufen wird. Im Falle von Kündigungen fürchtet er eine Fülle von Kündigungsschutzklagen mit Abfindungen und hohen Kosten.
    Tristan fragt den listigen Alberich, ob es mittlerweile eine Möglichkeit gibt, die Befristungsdauer von 2 Jahren ohne Sachgrund zu erweitern. Alberich, der listige Gesetzesfreund, bejaht dies.

Die Lösung:

1. Neue Regelung für Existenzgründer

    Der Gesetzgeber hat in § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) zur Unterstützung von Unternehmensneugründungen und zur Unterstützung von Neueinstellungen folgenden Absatz 2 a neu eingefügt:
    “In den ersten 4 Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von 4 Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von 4 Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig.
    Dies gilt nicht bei Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen.
    Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung eines Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist.”
    Diese gesetzliche Neuregelung soll Existenzgründer unterstützen und für sie über einen langen Zeitraum Befristungen ermöglichen.

2. Befristung ohne Sachgrund

    Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist der Regelfall der Befristung eine Befristung mit einem Sachgrund. In § 14 Abs. 1 TzBfG sind verschiedene Beispiele für Befristungsgründe aufgeführt. Wegen der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes wollte der Gesetzgeber zukünftig generell nur Befristungen mit Sachgrund.
    Der Gesetzgeber hat schon im Beschäftigungsförderungsgesetz 1985, nunmehr auch in § 14 Abs. 2 TzBfG eine Ausnahme gemacht. Bis zur Dauer von 2 Jahren kann ein Arbeitgeber insgesamt maximal 4 Befristungen vornehmen, ohne daß ein Sachgrund notwendig ist.
    Erforderlich ist, daß diese 4 Befristungen (es können auch weniger sein) zusammenhängend vereinbart werden und keine Unterbrechung gegeben ist. Entscheidend ist auch das “Anschlußverbot”.
    Nach dieser Gesetzesregelung darf eine Befristung ohne Sachgrund nicht abgeschlossen werden, wenn der Arbeitnehmer bereits zu früheren Zeiten ein Arbeitsverhältnis - egal welcher Art - mit diesem Arbeitgeber bzw. Unternehmen hatte!
    Dieses Anschlußverbot gilt auch für die Neuregelung des § 14 Abs. 2 a TzBfG. Es ist jedoch in der Praxis in diesen Fällen nicht bedeutsam, weil nach dem Willen des Gesetzgebers die Neuregelung die Gründung eines neuen Unternehmens erforderlich ist. Sofern also eine juristische Person (GmbH, Aktiengesellschaft) neu gegründet wird, greift diese Regelung nicht. Ernsthaft überprüft werden muß sie jedoch bei Existenzgründern, die lediglich im Rahmen einer Personalgesellschaft bzw. als Einzelkaufleute tätig werden.

3. Voraussetzungen der Neuregelung

    Maßgeblich ist für die vom Gesetzgeber privilegierte Neugründung eine Neuaufnahme der Erwerbstätigkeit einer natürlichen oder juristischen Person. Dabei reicht aber die Neueinrichtung eines Betriebes nicht aus. Nach dem Willen des Gesetzgebers muß es eine Existenz-Neugründung sein.
    Der Gesetzgeber hat für den Existenzgründer kaum Schranken gesetzt. Sowohl die Zahl der Befristungen in dem neuen Unternehmen, wie auch die Dauer der einzelnen Befristungen und die Zahl der Verlängerungen ist vom Gesetzgeber zunächst nicht festgelegt. Es gilt nur die Höchstgrenze für die Befristung eines Arbeitsvertrages von 4 Jahren.
    Dabei kann der Arbeitgeber bis zu 4 Jahren nach der Neugründung immer wieder den kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrag neu befristen.
    Bei geschickter Anwendung würde die letzte Befristung kurz vor Ende der 4-jährigen Gründungsphase auslaufen. Nach dem Willen des Gesetzgebers kann dann der Existenzgründer mit demselben Arbeitnehmer unabhängig von der Zahl der Befristungen vorher noch einmal einen 4-jährigen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund abschließen. Er kann aber auch einen solchen 4-jährigen Arbeitsvertrag am Ende der Existenzgründungsphase mit einem neu einzustellenden Arbeitnehmer abschließen.
    Dies führt dazu, daß der für Existenzgründer vorgesehene Rechtsvorteil praktisch bis zu 8 Jahren andauern kann.

4. Mißbrauchsverbot

    Nach § 14 Abs. 2 a TzBfG gilt das Befristungsprivileg aber nicht für
    “Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen”.
    Der Gesetzgeber hat damit insbesondere die Fälle des “Outsourcing” bzw. der “Ausgliederung” erfassen wollen. Gerade im Bereich der Umstrukturierung von Unternehmen und der Neugründung von Tochtergesellschaften etc. soll diese Vorschrift und Privilegierung keine Anwendung finden.
    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfte es aber zulässig sein, daß eine neu gegründete Gesellschaft einen schon bestehenden Betrieb eines anderen Unternehmens im Wege des § 613 a BGB übernimmt. Da es sich insoweit ebenfalls um eine Neugründung des Unternehmens (nicht des Betriebes) handelt, wäre für dieses Unternehmen das Existenzgründerprivileg bei zukünftige Befristungen auch gegeben, obwohl der eigentliche Betrieb vielleicht schon lange existierte.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug