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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 164: Neue Klagefrist - I
Der Fall
Arbeitgeberin Tamina räumt auf. Sie entläßt ihre Liebesrivalin Papagena fristlos. Ihr ungetreuer Liebling Papageno erhält eine Änderungskündigung und
wird vom Prokuristen zum Lagerarbeiter degradiert. Zarastro erhält von ihr zwar eine ordentliche, schriftliche betriebsbedingte Kündigung. Die Kündigungsfrist ist jedoch viel zu kurz. Den Betriebsrat Tamino,
der sie schon lange ärgert, feuert Tamina mündlich fristlos mit dem Ausruf: “Hau ab, du Arbeiterverräter”! Die Gekündigten wollen sich das nicht bieten lassen. Sie verbringen jedoch gerade einen gemeinsamen
“Workshop” von 3 Wochen auf Mallorca, um die Wunden zu lecken. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland sollte dann Klage erhoben werden. Ist das noch rechtzeitig?
Die Lösung
1. Klagefrist nach § 4 KSchG
Will ein Arbeitnehmer geltend machen, daß seine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muß er
innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Der
Gesetzgeber hat mit dieser Neufassung des § 4 KSchG seit dem 1.1.2004 die Klagefrist erweitert und bestimmt, daß gegen Kündigungen, egal aus welchem Grunde, binnen 3 Wochen geklagt werden muß, wenn die Kündigung
schriftlich ergangen ist.
2. Alle Arten der Kündigung
Aus dieser gesetzlichen Vorschrift wie auch aus weiteren Regelungen geht hervor, daß der Gesetzgeber die Geltung der 3-Wochen-Klagefrist fortan für alle
Klagen gegen eine schriftliche arbeitgeberseitige Kündigung und für alle Arten der Kündigung gelten lassen will. Die gesetzlichen Konstruktionen sind etwas umständlich und nicht immer ganz verständlich. Die
Geltung der Klagefrist für jede Art der ordentlichen Kündigung folgt aus § 4 Satz 1 KSchG, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Für ordentliche Kündigungen, auf die das Kündigungsschutzgesetz keine
Anwendung findet, ergibt sich die Klagefrist aus § 23 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 KSchG. Für außerordentliche, fristlose Kündigungen folgt die Anwendung der 3-Wochen-Frist aus § 13 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §
4 Satz 1 KSchG, sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, folgt die Notwendigkeit der Fristeinhaltung bei außerordentlichen, fristlosen Kündigungen aus
§ 23 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG.
3. Andere Unwirksamkeitsgründe
Der Gesetzgeber hat außerdem § 6 KSchG erweitert. Hat ein Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege
geltend gemacht, daß eine rechtswirksame Kündigung nicht vorliege, so kann er sich in diesem Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Kündigung auch auf andere,
bisher innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen. Dies bedeutet, daß die rechtzeitige Erhebung der Kündigungsfeststellungsklage oder einer Klage, mit der die Unwirksamkeit der Kündigung
geltend gemacht wird, dazu führt, daß der Arbeitnehmer andere Unwirksamkeitsgründe problemlos nachschieben kann. Voraussetzung ist allerdings, daß die 3-Wochen-Frist bei Klageerhebung eingehalten ist.
4. Änderungskündigung
Nach § 4 Satz 2 KSchG muß auch die Klage gegen die Änderungskündigung innerhalb dieser Klagefrist erhoben werden. Wichtig ist, daß der Klageantrag
entsprechend der Neufassung des Satzes 2 formuliert wird: Im Falle des § 2 (Änderungskündigung) ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt
oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Wird diese Formulierung nicht verwandt, läuft der Kläger Gefahr, daß weitere Unwirksamkeitsgründe nicht in die gerichtliche Überprüfung mit einbezogen werden.
5. Kündigungsfrist
Streitig ist, ob auch die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist innerhalb der gesetzlichen Klagefrist geltend gemacht werden muß. Sofern der Arbeitnehmer
nur die Kündigungsfrist angreift, hält er die Kündigung an sich für rechtswirksam. Meines Erachtens ist auch die Kündigungsfrist innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG nunmehr geltend zu machen. Der
Arbeitgeber will nämlich eine bestimmte Kündigung zu einem bestimmten Zeitpunkt aussprechen. Wäre der Zeitpunkt falsch, wäre die Kündigung zu diesem Zeitpunkt letztendlich unwirksam. Dies muß innerhalb der
gesetzlichen Klagefrist geltend gemacht werden.
6. Mündliche Kündigung
In § 4 KSchG hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, daß die Klagefrist nur nach Zugang der schriftlichen Kündigung
anfängt zu laufen. Damit hat der Gesetzgeber klargestellt, daß im Fall einer mündlichen Kündigung die Nichteinhaltung der 3-Wochen-Frist ohne Bedeutung ist. Gegen eine mündliche Kündigung kann auch später geklagt werden. Allerdings sollte der Abstand nicht zu groß gestaltet werden, um nicht wegen Prozeßverwirkung schlußendlich doch abgewiesen zu werden.
Der Fall
Sowohl Papagena (fristlose Kündigung), wie Papageno (Änderungskündigung) und Zarastro (Kündigungsfrist falsch) müßten mit einer Abweisung ihrer Klage
rechnen, wenn sie erst mehr als 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung in Deutschland klagen sollten. Sie müssen persönlich oder über einen Bevollmächtigten schon vorher für Klage sorgen. Nur der
Betriebsrat Tamino könnte gegen seine mündliche Kündigung noch nach Ablauf der gesetzlichen Klagefrist erfolgreich klagen, da eine mündliche Kündigung die gesetzliche Klagefrist nicht in Gang setzt.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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