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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 152: Neuer Abfindungsanspruch III
Der Fall:
Arbeitgeber Faust hat eine Massenentlassung vorgenommen. Mit seinem Betriebsrat hat er einem Sozialplan vereinbart. Um den streitsüchtigen Arbeitnehmer
Falstaff von einer Klage abzuhalten, macht er ihm in der Kündigungserklärung ein Angebot nach § 1 a KSchG auf Abfindung. Falstaff nimmt an und klagt nicht. Als Arbeitgeber Faust auf das Angebot die niedrigere
Sozialplanabfindung anrechnet, ist Falstaff sauer. Er will beide Abfindungen. Einstein entläßt den Mitarbeiter Chagall. Einstein möchte eine Abfindung zahlen, aber weniger als ein halbes Monatsgehalt. Dies
teilt er im Kündigungsschreiben mit. Chagall klagt auf die höhere Abfindung nach dem Gesetz.
Die Lösung:
1. Korrigierende Auslegung
Macht ein Arbeitgeber ein Abfindungsangebot nach § 1 a KSchG und fehlt die Angabe über die Abfindungshöhe, so kommt eine Vereinbarung in Höhe der
gesetzlichen Regelung mit der entsprechenden Summe zustande. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben die Abfindungssumme versehentlich zu niedrig ansetzt. Insbesondere bei Berechnungsfehlern
muß entsprechend dem Gesetz eine korrigierende Auslegung vorgenommen werden, wenn der Arbeitgeber ein Angebot nach dem Gesetz vornehmen wollte. Eine Korrektur ist nicht möglich, wenn der Arbeitgeber die
Abfindung bewußt/willentlich niedriger als die gesetzliche Regelung des § 1 a Abs. 2 KSchG festsetzt.
2. Sozialplan
Die gesetzliche Regelung gilt auch dann, wenn im Sozialplan eine Abfindung vorgesehen ist, die niedriger als die gesetzliche Abfindung ist. Sofern der
Arbeitgeber ein Angebot nach § 1 a KSchG macht, muß er die Abfindung in der gesetzlichen Höhe bezahlen. Wenn der Sozialplan zu niedrig ist und der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt, muß der
Arbeitgeber über die niedrige Sozialplansumme hinaus die weitere Differenz als Abfindung zahlen. Problematisch ist der Fall, wenn - wie bei Falstaff - das Abfindungsangebot des Arbeitgebers höher als die
Sozialplanabfindung ist. Im Zweifel darf der Arbeitgeber Faust die Sozialplanabfindung mit der im Kündigungsschreiben genannten Abfindungssumme verrechnen. Dies ist jedoch streitig. Der Gesetzgeber hat hier
keine Klarstellung vorgenommen. Tip:
Um Mißverständnissen und Problemen vorzubeugen, ist es dringend zu empfehlen, daß im Sozialplan eine entsprechende Verrechnungsregelung bezüglich rechtsgeschäftlicher Abfindungsvereinbarungen oder bezüglich eines Abfindungsanspruches nach § 1 a KSchG aufgenommen wird, wenn dies so gewollt ist.
3. Höherer Abfindungsbetrag
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, aus dem Füllhorn seiner Möglichkeiten dem Arbeitnehmer auch eine höhere Abfindung als 0,5 Monatsverdienste
pro Beschäftigungsjahr anzubieten. § 1 a KSchG verbietet dies nicht. Diese Vorschrift enthält nur eine gesetzliche Mindestregelung. Nach dem Günstigkeitsprinzip können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch höhere
Abfindungen vereinbaren. Dies ergibt sich im übrigen auch aus rechtsgeschäftlichen Grundsätzen.
4. Geringerer Abfindungsbetrag
Arbeitgeber Einstein ist nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer Chagall überhaupt eine Abfindung anzubieten. Die Regelung des § 1 a KSchG beruht auf
freiwilligem Handeln. Demgemäß ist es dem Arbeitgeber Einstein auch nicht verwehrt, mit dem Arbeitnehmer Chagall eine geringere Abfindung auszuhandeln, als das Gesetz es vorsieht. Er kann eine normale
betriebsbedingte Kündigung aussprechen und gleichzeitig dem Arbeitnehmer ein Abfindungsangebot machen. Entscheidend ist, daß er dabei nicht die Konstruktion des Junktims verwendet (“Wenn Sie nicht klagen, dann
...”). Nutzt Einstein das gesetzliche Junktim, so muß er auch die gesetzliche Mindestabfindung zahlen. Wenn er dies nicht will, kann er dem Arbeitnehmer im Wege der betriebsbedingten Kündigung eine geringere
Abfindungshöhe anbieten, ohne Aufforderung, auf die Erhebung der Klage zu verzichten. Er kann auch gegenüber dem Mitarbeiter schriftlich klarstellen, daß er keinesfalls ein Angebot nach § 1 a KSchG machen will,
sondern nur eine geringere Abfindung anbietet. Wichtig ist, daß insoweit Rechtsklarheit herrscht. Dafür muß der Arbeitgeber sorgen. Wenn der Arbeitgeber Einstein dies hinreichend klargestellt hat, kann
Arbeitnehmer Chagall das Angebot annehmen. Allerdings ist eine rechtsgeschäftliche Einigung und damit eine rechtsgeschäftliche Annahme durch den Arbeitnehmer erforderlich. Dies kann auch u.U. konkludent ohne
ausdrückliche Annahmeerklärung nach § 151 BGB erfolgen. Besser ist jedoch eine eindeutige Annahme oder Ablehnung des Angebots, um Mißverständnisse zu vermeiden.
>> Nächste Folge: Neuer Abfindungsanspruch IV
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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