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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 143: Hilfe Kündigung - Arbeitspapiere II
Der Fall:
Rainer Maria Rilke ist von seinem Arbeitgeber Hermann Hesse gekündigt worden. Er bewirbt sich auf einer neuen Stelle. Rilke braucht dringend seine
Papiere und ein Zeugnis. Rilke ist unklar, welche Papiere er im einzelnen neben der Lohnsteuerkarte, dem Sozialversicherungsnachweis und der Arbeitsbescheinigung noch verlangen kann. Insbesondere ist die
Frage, wann er endlich die Papiere vom Arbeitgeber verlangen kann und bekommt. Arbeitgeber Hesse wohnt in Calw/Schwarzwald. Der arbeitslose Rilke ist beim Edelfräulein Annette von Droste-Hülshoff in dem alten
Meersburger Schloß am Bodensee untergekommen. Hesse verlangt, daß Rilke die Papiere in Calw abholt. Rilke hat keinen Cent Fahrgeld übrig. Muß Hesse die Papiere nach Meersburg schicken? Wer trägt das Risiko der
Versendung?
Die Lösung
1. Weitere Papiere: Urlaubsbescheinigung
Neben der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2003, dem Sozialversicherungsnachweis, der Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III muß der Arbeitgeber dem
Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch eine Bescheinigung für die Höhe des bereits erteilten Urlaubs aushändigen. Diese Urlaubsbescheinigung kann der neue Arbeitgeber verlangen. Hierdurch soll
vermieden werden, daß der Arbeitnehmer Rilke bei einem Wechsel seiner Stelle seinen Jahresurlaub doppelt in Anspruch nimmt.
2. Gesundheitszeugnis
Im Bereich der Lebensmittelherstellung, Gastronomie etc. muß ein Gesundheitszeugnis vom Arbeitnehmer vorgelegt werden. Der Arbeitnehmer braucht dieses
Gesundheitszeugnis auch bei einer entsprechenden neuen Stelle. Der Arbeitgeber muß daher dem Arbeitnehmer bei Ausscheiden diese Bescheinigung zurückgeben.
3. Lohnnachweiskarte
Im Bauhaupt- und Baunebengewerbe ist der Arbeitgeber Mitglied der zentralen Versorgungs- und Urlaubskasse. Für den Urlaub wird eine Lohnnachweiskarte
geführt mit dem Verzeichnis des noch offenen Urlaubs und der Urlaubsvergütungsansprüche. Diese Lohnnachweiskarte nebst sonstigen Unterlagen muß der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer aushändigen.
4. Zeugnis
Arbeitnehmer Rilke hat gegen Arbeitgeber Hesse einen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er kann
zwischen einem einfachen Zeugnis (Arbeitsbescheinigung) und einem qualifizierten Zeugnis wählen. Das qualifizierte Zeugnis erstreckt sich insbesondere auf eine Tätigkeitsbeschreibung und eine Beurteilung von
Leistung und Führung. Bei einer langen Kündigungsfrist kann der Arbeitnehmer schon die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangen, um sich während der Kündigungsfrist bewerben zu können.
5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Der Anspruch von Rainer Maria Rilke auf Herausgabe der ordnungsgemäß ausgefüllten Arbeitspapiere wird bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig.
Der Arbeitgeber hat bei einer ordentlichen Kündigung mit Kündigungsfrist ausreichend Zeit, die Papiere fertig zu machen. Gelingt dies dem Arbeitgeber nicht, so begeht der Arbeitgeber einen Vertragsverstoß, der
bei schuldhaftem Handeln auch zu einem Schadenersatz führen kann. Sollte sich aus irgendeinem Grunde die Ausfüllung der Arbeitspapiere verzögern, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer
wenigstens eine Zwischenbescheinigung zu erteilen, aus der sich alle Daten ergeben, die z.B. für die Lohnsteuerklasse oder die Berechnung des Arbeitslosengeldes beim Arbeitsamt erforderlich sind.
6. Hol- oder Schickschuld
Zunächst ist festzuhalten, daß die Übergabe der Arbeitspapiere durch den Arbeitgeber keine Bringschuld darstellt. Der Arbeitgeber muß nicht dem
Arbeitnehmer an seinem Aufenthaltsort nachfolgen und ihm die Papiere an den Wohn- oder Aufenthaltsort überbringen. Grundsätzlich muß vielmehr der Arbeitnehmer die Arbeitspapiere im Betrieb abholen. Die
Herausgabeverpflichtung der Arbeitspapiere ist eine Holschuld. Insofern hat Arbeitgeber Hesse vom Prinzip her recht, wenn er verlangt, daß Rilke die Papiere abholt. Dieser Grundsatz kennt jedoch
Durchbrechungen. Soweit vertraglich etwas anderes geregelt ist, gelten die vertraglichen Regelungen. Aus Gründen der Fürsorge und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, der auch im Arbeitsverhältnis gilt, kann der
Arbeitgeber im Einzelfall gehalten sein, die Arbeitspapiere an den Arbeitnehmer zu übersenden. Diese Schickschuld des Arbeitgebers besteht insbesondere dann, wenn die Papiere bei der Beendigung eines
Arbeitsverhältnisses noch nicht erstellt waren. Eine Schickschuld besteht aber auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Papiere aus einem rechtfertigenden Grund nicht abholen kann oder die Abholung unzumutbar ist.
Der Arbeitnehmer kann z.B. durch Krankheit an der Abholung behindert sein. Der Hauptfall besteht allerdings darin, daß sich der Arbeitnehmer nicht mehr an der Betriebsstätte aufhält, sondern z.B. verzogen ist
und die Abholung unverhältnismäßig hohe Reisekosten verursachen würde. In diesem Falle muß der Arbeitgeber die Papiere übersenden. Das Risiko der Versendung trägt allerdings der Arbeitnehmer Rilke. Dies gilt
zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer die Versendung der Papiere vom Arbeitgeber gefordert hat. Mit diesem Verlangen übernimmt er das Transportrisiko.
>> Nächste Folge: Hilfe Kündigung - Arbeitspapiere III
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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