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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 137: Hilfe Kündigung - Wie soll ich Klage erheben? (1)

Der Fall:

    Der forsche Arbeitgeber Gottlob hat dem gemütlichen Buchhalter Franz Grillparzer samt seiner Ärmelschoner gekündigt: Umstellung auf EDV, fehlende Flexibilität von Grillparzer.
    Franzl ist todtraurig. Er liebt seine staubigen Aktenschränke ebenso wie den Heurigen in Grinzing. Er will klagen. Aber wie? Mit oder ohne Anwalt? Allein fühlt er sich hilflos.

Die Lösung:

1. Alleine klagen

    Der gekündigte Franzl Grillparzer kann wie jeder Bürger beim Arbeitsgericht selbst Klage erheben, indem er einen Schriftsatz an das Arbeitsgericht schickt. Beim Arbeitsgericht besteht kein Anwaltszwang.
    Wenn Grillparzer sich einigermaßen sicher fühlt und mit Gerichtssachen etwas bewandert ist, wäre dies eine der beiden kostengünstigsten Lösungen.
    Es reicht aus, wenn er im Klageschriftsatz aufnimmt, wer gegen wen klagt, den oder die Klageanträge und eine Begründung dazu. Die Begründung sollte möglichst verständlich sein.
    Außerdem muß die Klage vom Betreffenden selbst unterschrieben sein! Sollte er sie nicht selbst unterschreiben, sondern ein Bevollmächtigter, so muß eine eigenhändig unterschriebene Vollmacht der Klage beigefügt werden.
    Zur Verdeutlichung nachfolgend einige Klage-Muster.

2. Muster einer Kündigungsschutzklage

    An das Arbeitsgericht ... (Anschrift)

    Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,

    Kläger

    gegen

    Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,

    Beklagte

    wegen Kündigungsschutz.

    Es wird beantragt,

      1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2003, zugegangen am 13.11.2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.
      2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Buchhalter bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzgesetzes zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

    Begründung:

      Der Kläger ist bei der Beklagten als Buchhalter seit dem 2.1.1980 beschäftigt.
      Er ist 53 Jahre alt und hat 4 unterhaltsberechtigte, minderjährige Kinder.
      Sein Gehalt belief sich zuletzt auf 2.000 Euro brutto. Die Beklagte beschäftigt 150 Arbeitnehmer.
      Der Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11.11.2003 zum 31.12.2003 gekündigt. Dieses Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 13.11.2003 zugegangen. Die Beklagte hat die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt. Sie beruft sich auf die Umstellung der EDV und die mangelnde Flexibilität des Klägers.
      Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund der Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers (mehr als 6 Monate) und der Beschäftigtenzahl der Beklagten das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Klage ist rechtzeitig innerhalb einer Frist von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben.
      Die Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG. Die von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe liegen nicht vor.
      Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat. Dieser Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigung nicht gehört worden bzw. nicht ordnungsgemäß gehört worden. Auch aus diesem Grunde ist die Kündigung unwirksam.
      Schließlich ist der Kläger schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
      Es bedarf jetzt schon der Erhebung einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Der Kläger bietet seine Arbeitskraft an. Er möchte bei der Beklagten als Buchhalter auch nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses weiterarbeiten. Da die Beklagte sich weigert, muß der Kläger seinen gesetzlichen bzw. allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen.

      Datum/Unterschrift

3. Muster einer Kündigungsschutz- und Zahlungsklage

    An das Arbeitsgericht ... (Anschrift)

    Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,

    Kläger

    gegen

    Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,

    Beklagte

    wegen Kündigungsschutz.

    Es wird beantragt,

      1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 11.11.2003, zugegangen am 13.11.2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern ungekündigt fortbesteht.
      2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Buchhalter bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzgesetzes zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
      3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.000 Euro brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen.
      Begründung:

    I. Begründung des Kündigungsschutzantrags wie vorstehend.

    II. Begründung des Weiterbeschäftigungsantrags wie vorstehend.

    III. Die Beklagte hat das Gehalt des Klägers für November 2003 nicht bezahlt. Sie hat zum einen geäußert, daß sie kein Gehalt zahle an Arbeitnehmer, die sie vor das Arbeitsgericht zerren.
    Zum anderen hat sich die Beklagte auf Schadensersatzansprüche berufen. Der Kläger habe das Auto der Ehefrau des Geschäftsführers bei einem Unfall nach einem Opernbesuch demoliert.
    Der Einbehalt der Vergütung ist nicht berechtigt. Der Kläger hat in der Kündigungsfrist gearbeitet. Schadensersatzansprüche aus dem privaten Verkehrsunfall berechtigen nicht zum Einbehalt der Vergütung.

    Datum / Unterschrift

4. Klage auf Arbeitspapiere / Zeugnis

    An das Arbeitsgericht ... (Anschrift)

    Klage des Buchhalters Franz Grillparzer, Reblausweg 13, 71530 Weinstadt,

    Kläger

    gegen

    Fa. Mitteldeutsche Dichtungs GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Gottlob Lyrikus, Schillerplatz 1, 35991 Wolkenstein,

    Beklagte.

    Es wird beantragt die Beklagte zu verurteilen,

      1. an den Kläger die Arbeitspapiere, bestehend aus Lohnsteuerkarte 2003, Arbeitsbescheinigung gem. § 312 SGB III und Sozialversicherungsnachweis ordnungsgemäß ausgefüllt herauszugeben.
      2. dem Kläger ein wohlwollendes, qualifiziertes Zeugnis zu erteilen.

    Begründung:

    Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 2.1.1960 als Buchhalter beschäftigt. Sein Gehalt belief sich zuletzt auf 2.000 Euro brutto.
    Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2003 gekündigt. Sie hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder die Papiere herausgegeben, noch ein Zeugnis erteilt. Der Kläger hat ein Zeugnis bereits im November 2003 beantragt.
    Die Weigerung der Beklagten ist unbegründet.

    Datum / Unterschrift

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Wichtiger Hinweis: Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.
 

Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug