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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 128: Hilfe Kündigung - Betriebsratsanhörung II

Der Fall:

    Arbeitgeber Gottlob hat den trägen Schlosser Uhland und die zarte Annette von Droste-Hülshoff wegen Liebesverstrickungen am Arbeitsplatz unter Nutzung der betrieblichen Einrichtungen gekündigt. Der Betriebsratsvorsitzende Friedrich von Spee wurde darüber nicht unterrichtet.
    Bei der Kündigung der gemütskranken Caroline von Günterode hat der Arbeitgeber Gottlob den Betriebsrat angehört. Der Betriebsrat hat der Kündigung aus sozialen Gründen widersprochen.
    Alle 3 Arbeitnehmer meinen, daß die Kündigung schon wegen mangelhafter Betriebsratsanhörung bzw. wegen des Betriebsratswiderspruchs rechtsunwirksam sei. Das mißfällt dem flotten Gottlob sehr.

Die Lösung:

1. Reaktion des Betriebsrats

    Der Betriebsrat hat die Möglichkeit, der Kündigung ausdrücklich zuzustimmen. Er kann aber auch die Anhörungsfrist verstreichen lassen. Im Falle der ordentlichen Kündigung gilt dann das Schweigen als Zustimmung.
    Der Betriebsrat kann schließlich der Kündigung widersprechen. Er kann vor allem Gegenvorschläge machen, Lösungen aufzeigen, wie dem Problem zu begegnen ist.

2. Widerspruch des Betriebsrats

    Der Betriebsrat kann der beabsichtigten Kündigung aus allen Gründen widersprechen, die er für richtig hält. Es besteht insofern kein gesetzlicher “Maulkorb”.
    In § 102 Abs. 3 BetrVG sind bestimmte Widerspruchsgründe gesetzlich geregelt. Dies betrifft insbesondere eine falsche Sozialauswahl, Verstoß gegen eine Auswahlrichtlinie, die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers an einem anderen Arbeitsplatz oder nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen wenn das Einverständnis des Arbeitnehmers vorliegt.
    Sofern der Betriebsrat widerspricht, ist es dringend zu empfehlen, den Widerspruch so konkret wie möglich durchzuführen. Nur allgemeine Widerspruchsgründe sind in der Regel nicht hilfreich. Dadurch läßt sich der Arbeitgeber nicht zu einer Rücknahme der Kündigungsabsicht bewegen. Gerade im Falle des Vorschlags zur Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz, zu geänderten Bedingungen etc. ist es sehr hilfreich auch für das spätere gerichtliche Verfahren, wenn vom Betriebsrat konkrete Vorschläge oder Hinweise gemacht werden.
    Im Falle der Günterode hat der Betriebsrat nur allgemein aus sozialen Gründen widersprochen. Dies ist möglich, zeigt aber auch, daß der Betriebsrat keine eigenen Lösungsmöglichkeiten sieht.

3. Kündigung in Probezeit

    Auch in der Probezeit muß der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung gehört werden.
    In der Probezeit und den ersten 6 Monaten des Arbeitsverhältnisses gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Der Arbeitgeber kann kündigen, ohne einen betriebs-, verhaltens- oder personenbedingten Grund zu besitzen.
    Liegt ein solcher Grund nicht vor, braucht der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch keinen Grund benennen. Er kann angeben; “Kündigung in der Probezeit/in den ersten 6 Monaten”. Kündigt er aber wegen eines bestimmten Grundes, so muß er den Grund dem Betriebsrat auch nennen.

4. Weiterbeschäftigungsanspruch

    Hat der Betriebsrat nach § 102 Abs. 3 BetrVG konkret und substantiiert der Kündigung widersprochen, so kann der gekündigte Arbeitnehmer nach § 102 Abs. 5 BetrVG einen gesetzlichen Weiterbeschäftigungsanspruch für die Dauer des Kündigungsschutzprozesses geltend machen.

5. Lösung

    Die fehlende Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung der verliebten Arbeitnehmer Uhland und Droste-Hülshoff führt nach § 102 Abs. 1 BetrVG zur Unwirksamkeit der Kündigung. Der Arbeitgeber muß stets vor Ausspruch der Kündigung den Betriebsrat hören. Die Anhörung im Falle Günterode ist erfolgt. Der Widerspruch aus sozialen Gründen war zu allgemein, um den Arbeitgeber zur Aufgabe der Kündigungsabsicht zu bewegen. Der Widerspruch des Betriebsrats führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug