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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 119: Mobbing V - Arbeitsrechtliche Formen und Fallgruppen

Der Fall:

    Im Betrieb von Richard Wagner geht es drunter und drüber. Tristan wird von der Arbeitskollegin Isolde hinter verschlossenen Türen immer wieder beschimpft. Der Untergebene Hagen verspottet den Abteilungsleiter Siegfried regelmäßig wegen dessen Sprachfehler und Stotterns. Brunhilde verbreitet im Betrieb, daß die Kollegin Krimhild versuche, die Chefsekretärin Cosima beim Chef Wagner auszustechen, um in Wagners Bett zu landen. Richard Wagner selbst ärgert sich über den Sachbearbeiter Giselher und schickt ihn für unbestimmte Zeit ins Lager als Arbeiter.
    Welche Mobbing-Formen verbergen sich hier?

Die Lösung:

1. Mobbing - Fallgruppen

    Hauptfälle des Mobbings könnten das Mobbing durch Vorgesetzte, den Chef oder das Mobbing durch Arbeitskollegen mit Zustimmung, unter Beteiligung, mit dem Wohlwollen des Vorgesetzten sein. Dazu zählt auch das Mobbing durch andere, aber mit Wissen und Duldung des Vorgesetzten.
    Diese Mobbing-Form wird auch als “Vorgesetzten-Mobbing”, “Bossing”, oder als “Abwärts-Mobbing” bezeichnet.
    Eine weitere Form des Mobbings ist das sog. “horizontale Mobbing”, auch “Kollegen-Mobbing” genannt. Hier findet ein Mobbing-Vorgang eines Arbeitskollegen gegen einen anderen Arbeitskollegen statt. Bei geschickter Vorgehensweise merken Vorgesetzte von diesen Konflikten zunächst nichts. In vielen Fällen allerdings geschieht diese Art des horizontalen Mobbings auch mit Kenntnis, Duldung oder gar Zustimmung des Vorgesetzten.
    Eine weitere Fallgruppe ist das sog. “Aufwärts-Mobbing”. In diesem Fall ist der Vorgesetzte das Mobbing-Opfer von einem oder mehreren Untergebenen. Diese Art des Mobbings von Untergebenen gegen Vorgesetzte ist weitaus häufiger als zunächst angenommen. Man vermutet, daß ca. 25 bis 30 % der Mobbing-Vorgänge auf solches “Aufwärts-Mobbing” bezieht.
    Z.T. geschieht dieses Mobbing von Vorgesetzten durch Untergebene auch mit Wissen und mit Billigung höherer Chefs, die mit dem entsprechenden Vorgesetzten z.B. nicht zufrieden sind und ein Weggehen des Vorgesetzten oder eine Versetzung gerne sähen.
    Die stärkste und die schlimmste Form des Mobbings ist das sog. “Rudel-Mobbing”. In diesem Falle verbünden sich mehrere oder viele Kollegen, z.T. zusammen mit dem Vorgesetzten, um einzelne Arbeitnehmer zu schikanieren, fertigzumachen etc. Dieses auch “Gruppen-Mobbing” genannte Verhalten ist für das Opfer besonders schwerwiegend, da durch die Vielzahl der Täter eine Gegenwehr kaum möglich ist. Diese Art des Mobbings führt sehr schnell zu einer sozialen Isolation und zu einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung, insbesondere wegen der schlechten Perspektiven für die zukünftige Zusammenarbeit.
    Im Betrieb von Richard Wagner könnten die meisten Fallgruppen des Mobbings vertreten sein, mit Ausnahme des Rudel-Mobbings.

2. Typische Handlungsweisen

    Schon die Formen des Mobbings bzw. die Fallgruppen sind differenziert. Noch differenzierter und vielfältiger sind die Handlungsweisen, die im Rahmen von Mobbing an den Tag gelegt werden. Es können insoweit nur Beispiele aufgezeigt werden:
    Eine grobe Form des Mobbings wäre fortgesetzte, ggf. zielgerichtete Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen durch Wort und / oder Tat, fortgesetzte sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz. Dazu zählen auch wiederholte Demütigungen, Diskriminierungen, grundlose Kritik an einer ordentlichen Arbeitsleistung, grundlose Herabsetzungen und Zurückweisungen (“was soll denn das schon wieder” oder “was will denn die schon wieder” oder “muß das denn sein” oder fortlaufendes “ich hab jetzt keine Zeit für Sie”).
    Andere Handlungsweisen sind überzogen schlechte Beurteilungen, soziale oder räumliche Isolierungen ohne Sachgrund, soziale Ausgrenzungen.
    Eine wichtige Form des Mobbings ist das Abschneiden von technischen, kaufmännischen oder betrieblichen Informationen, das Abschneiden von Kommunikation, nicht mit der betroffenen Person reden.
    Es gehören dazu schikanöse Anweisungen, widersprüchliche Anweisungen (machen Sie heute das - und morgen soll das Arbeitsergebnis wieder rückgängig gemacht werden), Zuweisung nutzloser, sinnloser oder gar unlösbarer Aufgaben. Die Ankündigung oder gar Durchführung von belastenden Maßnahmen, wie z.B. einer Versetzung, der Wegnahme bestimmter Aufgabenbereiche, Maschinen etc. ohne Begründung und ohne sachlichen Grund, Arbeitsanweisungen oder Maßnahmen, die bei vergleichbaren Arbeitnehmern nicht angewandt werden, schikanöse oder fachlich nicht begründete Häufung von Überwachungen, Arbeitskontrollen, Ergebnisbesprechungen, Torkontrollen, Taschenkontrollen etc.

3. Geschlechtsspezifische Handlungen

    Nach den Feststellungen der Fachleute sind die Mobbing-Handlungen geschlechtsspezifisch durchaus nicht einheitlich. Es können in der Praxis geschlechtsspezifische Besonderheiten festgestellt werden.
    Die Mobbing-Handlungen von Männern gegenüber Arbeitskollegen, Vorgesetzten, Untergebenen, sind in der Regel direkter und plumper, als bei Frauen. Die Handlungen von Männern sind mehr durch eine unmittelbare, erkennbare Aggression geprägt. Die Mobbing-Opfer von Männern sind zumeist wiederum Männer. Besonders beliebt ist in diesem Verhältnis von Männern zu Männern der Versuch der sozialen Isolation des scheinbaren Gegners bzw. des Mobbing-Opfers.
    Mobbing-Handlungen von Frauen sind oft subtiler, schwieriger zu fassen, weniger offenkundig und direkt. Dazu zählen Handlungen wie das Lächerlichmachen einer Gegnerin, einer Vorgesetzten, eines Kollegen, das Streuen von Gerüchten, das Anhängen von Liebesgeschichte etc., ggf. auch hier die verdeckte Verleumdung.
    Ich weiß, daß es immer problematisch ist, auf diese Weise zwischen Geschlechtern zu unterscheiden. Deshalb kann die vorangehende Bewertung nur unter Vorbehalt gemacht werden.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug