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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 288: Neues Elterngeld / Elternzeitgesetz III

Frage:

    Ist es richtig, daß Elterngeld bis zu 1.800 Euro monatlich gezahlt wird? Wer bekommt aber nur den Mindestbetrag? Bekomme ich bei Zwillingsgeburten bei jedem Kind den vollen Betrag? Muß ich andere Einnahmen auf das Elterngeld verrechnen?

Der Fall:

    Henry de Toulouse-Lautrec ist es gelungen, Zwillinge zu zeugen, die nach dem 1.1.2007 geboren wurden. Er stellt sich vor, für jedes Kind Elterngeld in Höhe von 1.800 Euro monatlich zu beziehen. So könnte er als Plakatmaler ein Weilchen seine Existenz sichern.
    Die Bohemiens Puccini und seine Mimi beziehen Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II. Als ihr kleiner Giovanni geboren wird, freuen sie sich schon auf das Elterngeld. Mimi sorgt sich aber, daß das Elterngeld vielleicht mit der Sozialhilfe verrechnet werden könnte.

Die Lösung

8. Höhe des Elterngeldes

    Das Elterngeld wird für 12 Monate als Einkommensersatz in Höhe von mindestens 2/3 des vorherigen Nettoeinkommens von berufstätigen Eltern gezahlt, höchstens jedoch für 1.800 Euro für volle Monate, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus der Erwerbstätigkeit erzielt.
    In den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000 Euro war, erhöht sich der Prozentsatz von 67 % um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die das maßgebliche Einkommen den Betrag von 1.000 Euro unterschreitet. Dieser Erhöhungsbetrag endet allerdings bei 100 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens.
    Beispiel 1: Monatseinkommen 1.200 Euro netto. Das Elterngeld beträgt 800 Euro.
    Beispiel 2: Monatseinkommen 900 Euro netto. Das Elterngeld wäre 600 Euro. Es erhöht sich um 0,1 Prozent für je 2 Euro zwischen 900 und 1.000 Euro, also um 50 x 0,1 % = 5 %. Der Erhöhungsbetrag beläuft sich somit auf 5 % von 900 Euro = 45 Euro. Damit beträgt das Elterngeld insgesamt 645 Euro.
    Beispiel 3: Monatseinkommen 450 Euro netto. Das Elterngeld wäre 300 Euro. Es erhöht sich um 0,1 Prozent für je 2 Euro zwischen 450 und 1000 Euro. Die Differenz ist 550 Euro: 2 Euro = 275 x 0,1 % = 27,5 % von 450 Euro = 123,75 Euro. Damit beträgt das Elterngeld insgesamt 423,75 Euro.
    Achtung: Bei noch niedrigerem Einkommen beläuft sich das Elterngeld aber maximal auf die Höhe des vorherigen Nettoeinkommens (Obergrenze).

9. Mindesthöhe

    Das Elterngeld wird mindestens in Höhe von 300 Euro gezahlt.
    Achtung: Diese Mindesthöhe von 300 Euro wird auch dann gezahlt, wenn der Elternteil in dem Zeitraum vor der Geburt des Kindes kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzieht hat.

10. Mehrlingsgeburten

    Bei Mehrlingsgeburten erhöht sich das zustehende Elterngeld um jeweils 300 Euro für das 2. und für jedes weitere Kind. Der Plakatmaler Henry Toulouse-Lautrec bekommt für Zwillinge also mindestens 600 Euro Elterngeld, höchstens aber 2100 Euro.

11. Anrechnung von Mutterschaftsgeld

    In der Zeit des Mutterschutzes vor und nach der Geburt erhält die Mutter Mutterschaftsgeld, das z.Zt. 13 Euro kalendertäglich beträgt.
    Nach bisheriger Rechtslage muß der Arbeitgeber nach § 14 Mutterschutzgesetz noch einen Zuschuß zum Mutterschaftsgeld bezahlen in Höhe des Differenzbetrages zwischen den 13 Euro und dem durchschnittlichen täglichen Netto-Arbeitsentgelt.
    Sowohl das Mutterschaftsgeld wie auch ein Zuschuß zum Mutterschaftsgeld wird auf das zu zahlende Elterngeld angerechnet (Ausnahme § 13 Abs. 2 Mutterschutzgesetz).
    Diese Verrechnung gilt auch für Dienstbezüge, Anwärterbezüge und Zuschüsse, die nach beamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften für die Zeit der Beschäftigungsverbote zustehen.
    Dies bedeutet, daß das Elterngeld für die Zeit der Mutterschutzfrist von 8 Wochen nach der Geburt (12 Wochen bei Früh- und Mehrlingsgeburten) in Höhe des Mutterschaftsgeldes gemindert ist. Das wird bisher in der Diskussion leicht übersehen!

12. Anrechnung von Sozialleistungen

    Das Elterngeld sowie andere nach § 3 BEEG auf das Elterngeld anzurechnenden Leistungen bleiben bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, bis zu einer Höhe von insgesamt 300 Euro im Monat als Einkommen unberücksichtigt.
    Puccini und Mimi müssen deshalb nicht befürchten, daß wegen ihres ALG II-Bezuges das Elterngeld durch Verrechnung gänzlich entfällt.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug