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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 270: Nebentätigkeiten V - Arbeitszeit
Der Fall
Arbeitnehmerin Marylin Monroe arbeitet als Bedienung in der Marburger Oberstadt vorwiegend am Abend und am Wochenende, insgesamt 40 Stunden pro Woche. Im Arbeitsvertrag ist geregelt, daß
jede Nebentätigkeit der Genehmigung des Arbeitgebers Humphrey bedarf. Marylin arbeitet ohne Genehmigung als Fotomodell am Vormittag 2 -3 Stunden. Als Arbeitgeber Humphrey davon erfährt, mahnt er Marylin ab:
„Sie haben gegen Ihre Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag verstoßen, indem Sie eine Nebentätigkeit als Fotomodell ohne Genehmigung ausüben. Dies ist ein Arbeitsvertragsverstoß. Kommen Sie zukünftig Ihren
Verpflichtungen aus dem Vertrag nicht nach, müssen wir Sie kündigen.“ Marylin weint und meint, daß in der heutigen Zeit Fleiß nicht mehr belohnt werde. Die Abmahnung müsse weg. Der städtische Busfahrer
Galileo Galilei will in seiner Freizeit als LKW-Fahrer im Güterverkehr arbeiten. Der Arbeitgeber verweigert die von Galileo beantragte Nebentätigkeitsgenehmigung mit der Begründung, daß die Höchstlenkzeiten dann
überschritten würden.
Die Lösung
1. Abmahnung
Mit der Abmahnung gegenüber Marylin Monroe übt Arbeitgeber Humphrey sein Recht als Arbeitgeber aus. Er hat auf die vertraglichen Verpflichtungen hingewiesen und darauf, daß eine
Verletzung der Pflichten im Nebentätigkeitsbereich nicht geduldet werden. Die schriftliche Abmahnung hat eine Hinweis- und Dokumentationsfunktion. Sie hat außerdem eine Warnfunktion. Aus diesem Grunde ist
wichtig, daß die Abmahnung klar und deutlich ist, den Vorwurf genau präzisiert und auf die geplanten arbeitsrechtlichen Schritte aufmerksam macht. Da die Abmahnung zur Personalakte kommt, den Arbeitnehmer in
seiner beruflichen Entwicklung behindern kann, muß ein ausreichender Anlaß für die Abmahnung gegeben sein. Die Abmahnung muß außerdem in ihrem Vorwurf richtig sein. Ist die Abmahnung falsch, so kann die
Arbeitnehmerin die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine unrichtige Tatsachenbehauptung enthalten ist. Dies gilt aber auch dann, wenn der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit verletzt ist oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht. Im Falle von Marylin gibt es keinen Entfernungsanspruch. Die
Abmahnung enthält nämlich keine unrichtigen Tatsachen. Arbeitgeber Humphrey wirft ihr vor, eine Nebentätigkeit als Model ausgeübt zu haben, ohne zuvor die Genehmigung einzuholen, die laut Vertrag erforderlich
ist. Diese Rüge betrifft eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. Die Abmahnung ist nicht unverhältnismäßig. Dem Arbeitnehmer kann nämlich durch die Überschreitung der zulässigen Tages- oder
Wochenarbeitszeit erhebliches Übel drohen. Er macht sich insbesondere einer Ordnungswidrigkeit schuldig, wenn die Höchstarbeitszeiten des Arbeitszeitgesetzes überschritten sind. Merke: Wenn zwischen den
Parteien im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag zur Nebentätigkeit ein Genehmigungsvorbehalt vereinbart ist, so muß die Arbeitnehmerin vor Aufnahme einer Nebentätigkeit die Genehmigung einholen.
Andernfalls läge eine Arbeitsvertragsverletzung vor. Der Arbeitgeber darf dann allerdings die Nebentätigkeitsgenehmigung nicht willkürlich verweigern. Der Erlaubnisvorbehalt dient nur dazu, dem Arbeitgeber
bereits vor Aufnahme der Nebentätigkeit eine Überprüfung zu ermöglichen, ob seine Interessen beeinträchtigt sind. Sofern keine schwerwiegenden sachlichen Gründe gegen eine Nebentätigkeit bestehen, muß der
Arbeitgeber die Nebentätigkeit genehmigen.
2. Arbeitszeit
Wird eine Nebentätigkeit in einem Arbeitsverhältnis ausgeübt, so gelten die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sowohl für das Hauptarbeitsverhältnis wie auch für die Nebentätigkeit.
Die Arbeitnehmerin und die Arbeitgeber müssen die Höchstarbeitszeiten des § 3 und 5 Arbeitszeitgesetz beachten. Danach beträgt die tägliche Arbeitszeit 8 Stunden. Sie kann ausnahmsweise auf 10 Stunden pro
Arbeitstag ausgedehnt werden. Im Durchschnitt von 24 Wochen / 6 Monaten muß jedoch die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden wieder erreicht werden. Eine Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden ist
generell unzulässig. Marylin hat an manchen Tagen mehr als 10 Stunden gearbeitet. Im Durchschnitt des halben Jahres hat sie in jedem Falle mehr als 8 Stunden pro Arbeitstag gearbeitet. Der Verstoß gegen das
Arbeitszeitgesetz liegt also vor. Der Adressat des öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitschutzes ist der Arbeitgeber. Er muß die Einhaltung der dort bestimmten Höchstarbeitszeiten überwachen. Nach § 2 Abs. 1
Satz 1 Arbeitszeitgesetz sind die Arbeitszeiten bei mehreren Arbeitgebern zusammenzurechnen! Aus diesem Grunde hat der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer einen Anspruch auf Auskunft über die Einzelheiten und den
Umfang der beruflichen Nebentätigkeit. Eine Abmahnung wegen unerlaubter Nebentätigkeit ist deshalb nicht unverhältnismäßig, wenn das zeitliche Ausmaß der Nebenbeschäftigung dazu führt, daß die
Höchstarbeitszeiten des Arbeitszeitgesetzes überschritten werden. Ein Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer länger als 10 Stunden beschäftigt, oder Überschreitungen auch in mehreren Arbeitsverhältnissen zusammen
duldet, handelt ordnungswidrig und muß mit entsprechenden Geldbußen rechnen. Deshalb darf und muß der Arbeitgeber Humphrey die Arbeitszeitvorschriften kontrollieren. Er handelt damit im Interesse der Gesundheit
des Arbeitnehmers und der Sicherheit am Arbeitsplatz. Werden die Höchstarbeitszeiten überschritten, so darf der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin nicht entsprechend der eigentlichen vertraglichen Arbeitszeit
beschäftigen, sondern muß die Arbeitnehmerin vorzeitig nach Hause schicken. Nur so kann er dafür Sorge tragen, daß die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden.
3. Lenk- und Ruhezeiten
Die Einhaltung von Ruhezeiten muß der Arbeitgeber schon nach dem Arbeitszeitgesetz überwachen. Danach muß zwischen der vorangegangenen Tätigkeit und der nachfolgenden beruflichen
Tätigkeit eine Ruhezeit von i.d.R. mindestens 11 Stunden liegen. Darüber hinaus gilt für Kraftfahrer die Lenkzeitverordnung. Jeder Arbeitgeber im Speditions- und Beförderungsgewerbe muß neben der Einhaltung
des Arbeitszeitgesetzes auch die Einhaltung der sonstigen Regeln des Verkehrsgewerbes überwachen und sicherstellen. Dazu gehört, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten eingehalten werden.
Aus diesem Grunde ist es sachlich gerechtfertigt, wenn im Arbeitsvertrag von Galileo Galilei ein Genehmigungsvorbehalt für anderweitige Nebentätigkeiten vereinbart ist. Der Arbeitgeber hat gerade hier einen
erhöhten Kontrollbedarf. Es ist auch rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber dem Busfahrer Galileo keine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt für eine Tätigkeit im Güterverkehr. Gerade im
Straßenverkehr, erst recht im Personenbeförderungsverkehr sind die Gefahren einer Übermüdung, fehlender Konzentration etc. so groß, daß hier von Seiten des Arbeitgebers alles getan werden muß, um fahrlässige
oder vorsätzliche Gefährdungsmomente auszuschließen. Aus diesem Grunde ist schon in vielen Tarifverträgen der einschlägigen Gewerbe ein entsprechendes Nebentätigkeitsverbot enthalten. Dieses
Nebentätigkeitsverbot verletzt die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers nach Art. 12 Grundgesetz nicht. Zwar gewährleistet Art. 12 Grundgesetz die freie Wahl des Berufes. Darüber hinaus konkretisiert das
Grundgesetz das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung. Durch Nebentätigkeitsverbote vertraglicher oder tariflicher Art wird in diese
grundgesetzlich geschützte Freiheit des Arbeitnehmers eingegriffen. Gerade im Verkehrsgewerbe ist dadurch die Freiheit des Fahrers jedoch nicht übermäßig eingeschränkt. Durch das Nebentätigkeitsverbot des
Arbeitgebers soll die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten sichergestellt werden. Dies liegt im berechtigten Interesse des Arbeitgebers, aber auch des Arbeitnehmers. Nur so kann die Einhaltung der Lenk- und
Ruhezeiten ausreichend von dem einzelnen Arbeitgeber kontrolliert werden. Die Daten aus einem anderen Arbeitsverhältnis sind dem Arbeitgeber i.d.R. nicht zugänglich. Er kann auch nicht kontrollieren, ob etwaige
vermittelte Daten aus Nebenarbeitsverhältnissen vollständig und richtig sind. Aus diesem Grunde ist das Nebentätigkeitsverbot für Galileo Galilei nicht unverhältnismäßig. Es beschränkt auch die Berufsfreiheit
des Klägers als vollzeitbeschäftigtem Busfahrer nicht in unzumutbarer Weise. Der Arbeitnehmer hat sich freiwillig und in Kenntnis der Gesamtumstände auf dieses Arbeitsverhältnis eingelassen und sich damit
einverstanden erklärt, daß seine Berufsfreiheit im Bereich des Führens von Kraftfahrzeugen aus nachvollziehbaren Gründen eingeschränkt wird. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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