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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 268: Nebentätigkeiten III

Der Fall

    Der klamme Archivar Bickell will immer noch neben dem Staatsarchiv als Würstchenverkäufer arbeiten. General Gordon besteht auf einer Nebentätigkeit als Brauereibetreiber. Personalchef Hugo von Hofmannsthal will zur Aufbesserung der Finanzen als Rausschmeißer im Nachtclub „Moulin Rouge“ fungieren. Krankenpfleger Heinrich Heine möchte gerne nebenberuflich als Leichenbestatter tätig sein.
    Der Arbeitgeber verweigert jeweils die Nebentätigkeitsgenehmigung mit der Begründung, daß Würde und Ansehen der Position des Arbeitgebers darunter litten.
    Figaro Viktor von Scheffel ist nicht ausgelastet. Er beantragt die Genehmigung zur Durchführung von Hausbesuchen mit Frisurgestaltung in seinem Freundes- und Bekanntenkreis. Arbeitgeber Johann Friedrich Cotta lehnt dies mit dem Hinweis auf Wettbewerb ab. Viktor findet das lächerlich, da seine Freunde ohnehin keine Cotta-Kunden sind.
    Die im Schichtdienst arbeitende Maschinenbedienerin Bertha von Suttner betreibt abends noch eine Dorfkneipe. Da sie die Brenner regelmäßig erst nach Mitternacht hinauswirft, kommt sie zur Frühschicht immer wieder zu spät. Als Arbeitgeber Blücher von der Kneipentätigkeit erfährt, verweigert er die Nebentätigkeit und mahnt Bertha unter Kündigungsandrohung ab.

Die Lösung

1. Rufschädigung

    Die Anzeige- und Genehmigungspflicht zu Nebentätigkeiten dient vor allem dazu, dem Arbeitgeber die Möglichkeit der Überprüfung zu geben und ihm die Wahrung seiner berechtigten Interessen zu ermöglichen. Verstößt der Arbeitgeber gegen diese Verpflichtung, so ist eine Abmahnung und im Extremfall auch eine Kündigung gerechtfertigt. Nebentätigkeiten können den Arbeitgeber bzw. das Arbeitsverhältnis vielfach beeinträchtigen und stören. Dies will die Rechtsprechung vermeiden.
    Die Störung berechtigter Interessen kann insbesondere auch darin bestehen, daß der Ruf eines Arbeitgebers oder das Ansehen und der Respekt eines Arbeitnehmers in einer führenden Position durch Nebentätigkeiten massiv leiden kann. Hier muß der Arbeitgeber darauf achten, daß die Nebentätigkeiten sowohl mit Position, wie auch mit dem Ruf des einzelnen und der Betriebsgemeinschaft im Einklang stehen.
    Es ist kaum vorstellbar, daß ein Personalchef des nachts als Türsteher oder Rausschmeißer in einem Nachtlokal fungiert. Auch General Gordon kann von Seiten des Dienstherrn verweigert werden, neben seinem Offiziers-Beruf als Bierbrauer und Bierverkäufer tätig zu werden. Das Ansehen und das Vertrauen in die Integrität der Armee könnte dadurch massiv geschädigt werden.
    Das Bundesarbeitsgericht hat es ebenfalls als nicht zumutbar angesehen, einem Krankenpfleger die Nebentätigkeit als Leichenbestatter zu erteilen. Wird dies in der Klinik ruchbar, könnte das Vertrauensverhältnis zu den Patienten gestört werden.
    Ob es zulässig ist, dem Archivar Bickell die Würstchenverkäufertätigkeit zu untersagen, ist fraglich. Da der klamme Bickell als Archivmaus kaum Außenwirkung erzielt, dürfte es für das Ansehen des Arbeitgebers nicht schädlich sein, wenn Bickell Würstchen verkauft.

2. Wettbewerb

    Im Arbeitsverhältnis ist generell jede Wettbewerbs- und Konkurrenztätigkeit untersagt. Für den Handlungsgehilfen ist in § 60 Handelsgesetzbuch ausdrücklich geregelt, daß er zu einer selbständigen oder unselbständigen Konkurrenztätigkeit der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. Dieser Grundsatz gilt für alle anderen Arbeitnehmer ebenso. Ein solcher Wettbewerb führt immer zu einem Vertrauensbruch. Außerdem könnte eine vertragswidrige Schädigung des Arbeitgebers damit verbunden sein oder gar unlauterer Wettbewerb im Sinne von §§ 1, 17 UWG.
    Arbeitgeber Johann Friedrich Cotta lehnt deshalb das Geschäft mit den Hausfrisuren zu Recht ab. Entgegen der Ansicht Viktors kommt es nicht darauf an, ob seine Freunde schon Kunden im Salon waren. Er hat generell jede Wettbewerbstätigkeit zu seinem Arbeitgeber zu unterlassen.

3. Beeinträchtigung der Arbeitsleistung

    Als vertragliche Nebenpflicht ergibt sich aus jedem Arbeitsvertrag das Verbot, Nebenbeschäftigungen aufzunehmen, die die Arbeitsleistung im Arbeitsverhältnis spürbar beeinträchtigen. Deshalb ist eine jede Nebentätigkeit untersagt, die den Arbeitnehmer hindert, seinen Arbeitspflichten aus dem Arbeitsverhältnis vertragsgerecht nachzukommen.
    Der Arbeitgeber kann Bertha von Suttner es untersagen, am Abend eine Kneipe persönlich zu betreiben, da zumindest ihre Arbeitsleistung in der Frühschicht dadurch massiv beeinträchtigt werden kann. Dies zeigt sich schon darin, daß Bertha immer wieder zu spät kam. Außerdem führt diese Mehrfachbelastung zu Ermüdungs- und Ausfallerscheinungen.
    Da die Arbeitsleistung nicht vertragsgemäß erbracht wird, kann der Arbeitgeber Blücher dem Lohnanspruch von Bertha die Einrede des nichterfüllten Vertrages entgegensetzen. Unterläßt Bertha ihre allabendlichen Kneipiers-Tätigkeiten nicht, so kann der Arbeitgeber Bertha abmahnen und ggf. auch das Arbeitsverhältnis kündigen.
    Achtung: Wann ist der Umfang der Nebentätigkeit übermäßig? Dies hängt vom Einzelfall und der Tätigkeit ab und ist allgemein schwer zu beantworten. Allerdings wird z.T. von einer übermäßigen Beanspruchung ausgegangen, wenn die Nebentätigkeiten mehr als 20 % der regelmäßigen Vollzeit-Wochenarbeitszeit überschreiten.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug