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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 235: Beendigungsvergleich III - Kündigungsfristen, Sperrzeit
Der Fall
Dem Baumeister Daidalos geht es wirtschaftlich schlecht. Er möchte seinen Bauarbeiter Ikarus wie auch seine Buchhalterin Aurora so schnell wie möglich aus
der Gehaltsliste entfernen, um eine Insolvenz zu vermeiden. Deshalb kündigt er beide schnellstmöglich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Als Ausgleich bietet er beiden einen Abfindungsvergleich an mit
einer Abfindungshöhe von jeweils EUR 3.000, sofort zahlbar. Ikarus träumt von einer Weltreise mit dem Geld und will schnellstmöglichst weg. Buchhalterin Aurora dagegen besteht auf Einhaltung der
Kündigungsfrist und möchte lieber einen gerichtlichen Vergleich abschließen.
Die Lösung
1. Kündigungsfrist
Es gibt verschiedene Kündigungsfristen, nämlich die gesetzlichen Fristen, tariflichen Fristen oder arbeitsvertragliche Fristen. Die gesetzlichen
Kündigungsfristen sind als Mindestkündigungsfristen stets einzuhalten, sofern nicht ein im Arbeitsverhältnis gültiger Tarifvertrag etwas anderes vorsieht. Die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist kann den
Arbeitnehmer zum einen viel Geld kosten, zum anderen macht dieses Tatsache neue Arbeitgeber mißtrauisch. Schließlich wirkt sich dieser Fehler auch beim Arbeitslosengeld aus. Haben arbeitslose Arbeitnehmer
wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung oder ähnliche Leistungen erhalten oder zu beanspruchen und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist beendet worden, so ruht der
Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dies bedeutet, daß der Arbeitnehmer in dieser Zeit nicht mit einer Arbeitslosengeldzahlung rechnen darf. Nach § 143 a Sozialgesetzbuch III ruht in diesem Fall das
Arbeitslosengeld vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zum Ende der einzuhaltenden Kündigungsfrist, längstens 1 Jahr. Buchhalterin Aurora hat recht, wenn sie die Einhaltung der Kündigungsfrist fordert. Ein
Auflösungsvertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist birgt für die Arbeitnehmer so viele Nachteile, daß dies kaum mit einer Abfindung aufgewogen werden kann. Etwas anderes gilt nur, wenn die Arbeitnehmerin
sofort eine neue Arbeitsstelle hätte und nicht auf das Arbeitslosengeld angewiesen wäre.
2. Sperrzeit
Nach § 144 Abs. 1 Ziff. 1 Sozialgesetzbuch III und der neuen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen die gekündigten Arbeitnehmer Ikarus und Aurora
damit rechnen, daß sie bei Abschluß eines Auflösungs- oder Abwicklungsvertrages von der Arbeitsagentur eine Sperrzeit von 12 Wochen wegen freiwilliger Aufgabe ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Nach der
neuesten Rechtsprechung muß von einer Mitwirkung der Arbeitnehmer bei der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit auch bei einem nachträglichen Abwicklungsvertrag ausgegangen werden, die eine Sperrzeit auslöst.
Davon gibt es allerdings einige Ausnahmen.
3. Ausnahmen
– Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld soll von der Arbeitsagentur dann nicht erhoben werden, wenn der Abwicklungsvertrag später als 3 Wochen nach
Ausspruch der Kündigung vereinbart wurde und nur noch restliche Einzelheiten geregelt werden, wie z.B. eine Abfindung. – Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld entfällt auch dann, wenn die Arbeitnehmer für die
Lösung des Arbeitsverhältnisses einen wichtigen Grund besitzen. Dafür müssen erhebliche Vertragsverletzungen des Arbeitgebers vorliegen. Daidalos sind solche gravierenden Vertragsverstöße aber nicht vorzuwerfen.
– Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts könnte ein gerichtlicher Vergleich vor dem Arbeitsgericht die Verhängung einer Sperrzeit verhindern. Dies ist nicht zwingend, es bestehen aber gute Chancen.
Dazu müßte allerdings die Buchhalterin Aurora zunächst innerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
4. Fazit
Zur Verhinderung von Nachteilen für Arbeitnehmer ist die Einhaltung der gesetzlichen, tariflichen oder vertraglichen Kündigungsfrist unabdingbar. Ein
Abweichen davon ist nur in Ausnahmefällen für den Arbeitnehmer von Vorteil. Mittlerweile ist in den meisten Fällen des außergerichtlichen Beendigungsvergleichs mit der Verhängung einer Sperrzeit von 12 Wochen
nach § 144 SGB III zu rechnen. Davon gibt es nur noch wenige Ausnahmen. Im Zweifel ist den gekündigten Arbeitnehmern zu raten, zunächst Kündigungsschutzklage innerhalb der gesetzlichen Klagefrist zu erheben. Der
Abschluß eines gerichtlichen Abwicklungsvertrages ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann geeignet, eine Sperrzeitentscheidung zu verhindern. Die Arbeitsagentur ist an einen solchen Vergleich
allerdings nicht gebunden. Eine weitere Möglichkeit wäre Vorgehensweise nach § 1 a Kündigungsschutzgesetz. Dazu müßte der Arbeitgeber zusammen mit der Kündigung dem Arbeitnehmer ein Abfindungsangebot von
mindestens ½ Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr schriftlich vorlegen, verbunden mit der Bedingung, keine Kündigungsschutzklage zu erheben. Der gekündigte Arbeitnehmer kann dieses Angebot dann durch
Verstreichenlassen der Klagefrist annehmen. Er besitzt dann einen Abfindungsanspruch, der nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zur Verhängung einer Sperrzeit führen darf. Dieser Anspruch auf Abfindung ist
allerdings noch nicht vollstreckbar. Sollte der Arbeitgeber nicht zahlen, müßte die Mitarbeiterin vor dem Arbeitsgericht noch auf Zahlung klagen.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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