Hans-Gottlob-Ruehle.de
Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 210: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen VI - Telefonüberwachung (2)

Der Fall

    Arbeitgeber Ramses hat ein betriebliches Verbot zur Führung von privaten Telefongesprächen erlassen. Gleichwohl kann es der in Liebe erbrannte Richard Wagner nicht lassen, immer wieder während der Arbeitszeit mit seiner neuen Flamme Cosima zu telefonieren. Ramses ärgert sich über diese Liebesgeflüster und hört die Gespräche von Richard Wagner ab.
    Als er deshalb Richard Wagner kündigt, beruft sich dieser auf die Rechtswidrigkeit der Abhörpraxis und verlangt, daß die Beweise vom Gericht nicht berücksichtigt werden dürfen.
    Mißtrauisch geworden führt Arbeitgeber Ramses für alle Telefongespräche eine Zielnummernerfassung durch. Davon ist die Betriebsrätin Cleopatra nicht beglückt. Sie meint, daß in diesem Falle immer erst der Betriebsrat angehört werden und zustimmen muß.

Die Lösung

7. Erfassung von Telefonaten

    Im Zuge der Einführung neuer Techniken wird das Problem der Telefondatenerfassung in nahezu allen Unternehmen akut. Die Erfassung von Telefondaten im Betrieb betrifft zumeist Datum und Uhrzeit des Gespräches, die Dauer und Nummer des Angerufenen (Zielnummer) bei Dienst- wie bei Privatgesprächen. Die Verarbeitung dieser Dateien dient der Kontrolle des Telefonverhaltens der Arbeitnehmer bei Nutzung der betrieblichen Telefonanlage.
    Eine solche Telefondatenerfassung und Kontrolle ist grundsätzlich zulässig bei Dienstgesprächen und dienstlich veranlaßten Privatgesprächen.
    Hat der Arbeitgeber ein generelles privates Telefonverbot ausgesprochen, so kann er eine Telefondatenerfassung einschließlich der Zielnummer durchführen. Sofern Privatgespräche erlaubt sind, verstößt die Telefondatenerfassung ebenfalls nicht gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, mit Ausnahme der Zielnummererfassung.
    Auch bei privaten Telefongesprächen hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, zum Zweck der Abrechnung und der Kontrolle des Telefonverhaltens einzelner Arbeitnehmer die Kosten und die Dauer des Telefongespräches, Datum und Uhrzeit zu erfassen.
    Die volle Erfassung der Zielnummer bei Privatgesprächen ist nicht zu empfehlen. Sie wäre zwar zulässig gegenüber dem Arbeitnehmer, wenn dieser die Zielnummererfassung kennt und damit einverstanden wäre. Es könnte jedoch der Datenschutz gegenüber dem Angerufenen verletzt sein. In der Regel ist die Zielnummererfassung bei angemeldeten und genehmigten Privatgesprächen nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig.

8. Datenschutz

    Die Telefondatenerfassung und die Verarbeitung dieser Daten bei der Benutzung der betrieblichen Telefonanlage verstößt gegenüber dem Arbeitnehmer nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz bzw. die Landesdatenschutzgesetze. Sie hält sich vielmehr grundsätzlich im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsverhältnisses und ist daher nach den §§ 4, 28 BDSG selbst ohne Einwilligung des Arbeitnehmers von seiten des Gesetzgebers zugelassen.
    § 28 BDSG läßt nämlich die Speicherung von Daten zu, soweit es zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist und kein Grund zur Annahme besteht, daß schutzwürdige Belange des Angerufenen beeinträchtigt werden.

9. Ausnahmen

    Vom Recht zur Erfassung von Telefondaten gibt es jedoch Ausnahmen. Die Überwachung durch den Arbeitgeber ist bei all den Arbeitnehmern unzulässig und ausgeschlossen, die bestimmte Geheimnisse auch gegenüber dem Arbeitgeber wahren müssen.
    Dies gilt insbesondere
    für Arbeitnehmer, denen nach § 203 StGB verboten ist, fremde, zum persönlichen Lebensbereich oder zu Geschäftsgeheimnissen gehörende Dinge zu offenbaren, wie z.B. Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Ehe-, Erziehungs- und Jugendberater, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Berufspsychologen.
    Dazu kann auch die Frauenbeauftragte
    eines Betriebes oder einer staatlichen Einrichtung gehören. In diesem sensiblen Bereich haben nämlich die Angerufenen in der Regel ein berechtigtes Interesse daran, daß ihre Zielnummer geheim bleibt. Sie haben oft auch ein berechtigtes Interesse daran, daß sie tatsächlich geheim bleibt, überhaupt ein Gespräch mit der Frauenbeauftragten geführt zu haben.
    Auch die Zielnummererfassung der Betriebsratsgespräche
    ist problematisch und unzulässig. Wenn alle Gespräche und Zielnummern des Betriebsrats gespeichert würden, läge eine unzulässige Behinderung der Betriebsratstätigkeit vor.
    Unbedenklich könnte allerdings bei Ferngesprächen des Betriebsrats die Erfassung von Zeitpunkt und Dauer des Gespräches sein, soweit der Betriebsrat nicht mit einem auswärtigen Betriebsteil, einem anderen Betriebsrat desselben Unternehmens oder dem Gesamtbetriebsrat telefoniert.
     

>> Nächste Folge:
<< Zurück zur Übersicht

 

Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
Reine
Linkverweise ohne Einschränkung/Begrenzung. Bitte kopieren Sie dazu die URL aus der Browserzeile.
Wörtliche Textzitate: Ohne Rücksprache bis 2 Absätze aus bis zu 10 Folgen jew. mit Linkverweis. Weitergehende Textübernahmen nur mit schriftlicher Genehmigung.
Wichtiger Hinweis: Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.
 

Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

STARTSEITE >>

Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug