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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 206: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen II - Ehrlichkeitstests
Der Fall
Kaufmann Billig-Maxx betreibt eine Vielzahl von Verkaufsfilialen und an seinem Stammsitz in seinem Büro ein großes Lager. In den Filialen fehlt immer
wieder Geld in der Kasse. Es besteht der begründete Verdacht, daß in dem einen oder anderen Fall neben Fehlern in der Kassenführung und beim Herausgeben des Geldes auch Diebstahl oder Unterschlagung vorliegen
könnte. Kaufmann Billig-Maxx führt deshalb Ehrlichkeitskontrollen durch. Zum einen läßt er heimlich den Kassenbarbestand bei manchen Mitarbeitern erhöhen, um die Ehrlichkeit zu überprüfen, zum anderen schickt er
Testkäufer in die Filialen, um das Verhalten der Mitarbeiter an der Kasse zu prüfen. In seinem computergesteuerten Lager geht eigentlich alles klar. Aus Gründen der Gleichbehandlung und zur Überprüfung der
Ehrlichkeit schafft er hier ebenfalls einen erhöhten Lagerbestand, um die Lagerarbeiter zu überprüfen. Nachdem durch die Überprüfungsmaßnahmen tatsächlich Unregelmäßigkeiten herauskamen, wurden fristlose
Kündigungen ausgesprochen. Die Arbeitnehmer halten dies für ungerechtfertigt. Sie werfen dem Arbeitgeber Heimtücke vor und einen Verstoß gegen das „Vaterunser“: Und führe mich nicht in Versuchung. Wer gewinnt
vor dem Arbeitsgericht?
Die Lösung
1. Persönlichkeitsrecht
Jede Kontrollmaßnahme des Arbeitgebers muß am Allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter gemessen werden. Dieses Persönlichkeitsrecht ist
verfassungsrechtlich geschützt. Der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers muß jedoch hinter die betrieblichen Interessen zurücktreten, wenn die berechtigten Belange des Arbeitgebers beeinträchtigt sind
oder sein Betrieb und sein Eigentum potentiell gefährdet sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber keine andere Möglichkeit hat, den Mitarbeiter zu überführen. Allerdings muß der Arbeitgeber
beim Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers immer das geringste Mittel wählen, das zur Regelung des Problems ausreicht.
2. Zulässigkeit von Ehrlichkeitstests
Die Rechtsprechung hat Ehrlichkeitstests in verschiedenen Gewerbezweigen als zulässig angesehen, wenn für die Maßnahme konkrete betriebliche Gründe
bestanden, die den Arbeitgeber veranlaßten, in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers einzugreifen. Es ist hier eine Güterabwägung vorzunehmen, da die grundrechtlich geschützten Interessen des
Arbeitnehmers und die des Arbeitgebers kollidieren. Die Rechtsprechung hat anerkannt, daß der Arbeitgeber in vielen Fällen ein berechtigtes Interesse daran hat, die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der
Mitarbeiter zu überprüfen. Dies gilt insbesondere in Bereichen, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein gesteigertes oder besonderes Vertrauen entgegenbringt, oder aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten
entgegenbringen muß. Die Beispiele sind vielfältig. Wer ohne ständige Kontrollmöglichkeit des Arbeitgebers Zugriff auf dessen Eigentum und Vermögenswerte, auf dessen Ware oder Geld, aber auch Zugriff auf
Vermögenswerte dritter Personen, von Kunden etc. hat, der muß sich z.B. solchen Ehrlichkeitskontrollen unterziehen. Ergibt sich aus der Gestaltung des Arbeitsverhältnisses oder der betrieblichen Bereiche bei
verständiger Würdigung eine potentielle Gefährdungssituation für die Rechtsgüter und die Interessen des Arbeitgebers oder von Kunden und dritten Personen, gegenüber denen der Arbeitgeber haftet, so liegen
betriebliche Gründe vor, die Kontrollen des Arbeitgebers unter Hintanstellung des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers zulassen.
3. Keine generellen Zuverlässigkeitstests
Ehrlichkeits- und Zuverlässigkeitstests dürfen vom Arbeitgeber jedoch nur in Bezug auf die konkret geschuldete Arbeitsaufgabe durchgeführt werden. Es ist
nicht zulässig und grob unverhältnismäßig, wenn der Arbeitgeber allgemeine Ehrlichkeitstests und Charakterprüfungen von Mitarbeitern innerhalb und außerhalb des Arbeitsverhältnisses durchführen wollte. Für
solche Tests besteht kein schutzwürdiges Interesse.
4. Konkreter Verdacht
In allen Bereichen, in denen der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber jederzeit offen überwacht werden kann, dürfen verdeckte Ehrlichkeitstests nur dann
durchgeführt werden, wenn bereits konkrete Verdachtsumstände für Vertragsverletzungen oder strafbare Handlungen vorliegen. Erforderlich ist weiterhin, daß andere Maßnahmen, als eine verdeckte Kontrolle keinen
hinreichenden Erfolg versprechen. Dies bedeutet für die Lagerarbeiter von Billig-Maxx, daß hier verdeckte Ehrlichkeitstests ohne konkrete Schäden und Verdachtsmomente unzulässig wären, da der Arbeitgeber hier
jederzeit unmittelbar das Lager überwachen kann. Heimliche Tests sind unverhältnismäßig. Deren Ergebnisse könnten in einem Kündigungsschutzverfahren eventuell nicht verwertet werden (Beweisverwertungsverbot).
5. Zulässigkeit verdeckter Tests
Etwas anderes gilt dann, wenn der Arbeitgeber die Mitarbeiter nicht jederzeit überwachen kann. Dies gilt insbesondere für Filialbetriebe,
Außendiensttätigkeiten, Vorgesetztentätigkeiten oder für die Kontrolle der Kontrolleure. Hier hat die Rechtsprechung auch verdeckte Ehrlichkeitstests ohne jeden Anfangsverdacht als zulässig erachtet. Sonst hätte
der Arbeitgeber keine Möglichkeit, sich der Ehrlichkeit der Mitarbeiter ausreichend zu versichern.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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