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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 184: Ein-Euro-Job VII

Der Fall

    Zähneknirschend haben die Ballettänzer Paris und Helena ihre Arbeitsgelegenheit als Schülerbetreuer in der Hauptschule aufgenommen. Sie möchten jedoch so schnell wir möglich Urlaub. Geht das?
    Die Arbeitsagentur hat Mozart gezwungen, die Grünanlagen um das Denkmal des gehaßten Konkurrenten Wagner zu pflegen. Mozart wird seelisch krank und erleidet eine Kompositionsblockade. Hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Schmerzensgeld?
    Leonidas und Ödipus wetteifern als Ein-Euro-Jobber im Kunstmuseum. Um ins Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, leisten sie Überstunden ohne Ende. Als beide gleichwohl gehen müssen, wollen sie wenigstens Überstundenbezahlung. Sie meinen im Arbeitsverhältnis zu stehen. Das Kunstmuseum verweist auf die Arbeitsagentur und weigert sich. Die Arbeitsagentur hat aber keine Überstunden angeordnet.

Die Lösung

V. Verhältnis Leistungsempfänger - Dritte

2. Kein Arbeitsverhältnis

    Über das Rechtsverhältnis zwischen dem arbeitslosen Hilfeempfänger und dem Maßnahmeträger/Dritten hat der Gesetzgeber in § 16 Abs. 3 SGB II lediglich bestimmt, daß die Arbeitsgelegenheiten und die damit verbunden Arbeiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründen.
    Darüber hinaus hat er weiter bestimmt, daß die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsgesetz jedoch entsprechend auf die Arbeitsgelegenheiten anzuwenden sind. Sofern der Arbeitslose Schäden bei der Ausübung seiner Arbeitsgelegenheit verursacht, haftet er nach dem Willen des Gesetzgebers nur wie Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis. Der Gesetzgeber hat jedoch nicht bestimmt, welcher Art das Rechtsverhältnis ist, das zwischen dem Leistungsempfänger und dem Dritten begründet wird und wie der Inhalt im Einzelnen aussieht. Dies muß hier und in den nächsten Folgen erörtert werden.

3. Rechtscharakter

    Sehr wichtig ist die Feststellung des Rechtscharakters der einzelnen Rechtsverhältnisse.
    Das Verhältnis zwischen dem Arbeitslosen und dem Leistungsträger/Arbeitsagentur etc. aufgrund des Eingliederungsvertrages oder aufgrund einer Arbeitszuweisung per Verwaltungsakt ist ein öffentlich-rechtliches Verhältnis. Hier wird ein Vertrag oder ein Verwaltungsakt aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften umgesetzt.
    Viel schwieriger ist der Rechtscharakter des Vertrages zwischen dem Leistungsempfänger/Arbeitslosen und dem Dritten zu bestimmen. Klar ist nur, daß es sich nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt, weil dies der Gesetzgeber in § 16 Abs. 3 SGB II so bestimmt hat.
    Andererseits sind diverse Schutzgesetze zugunsten des Arbeitnehmers, z.B. der Arbeitsschutz, die Arbeitszeitordnung, aber auch das Bundesurlaubsgesetz zumindest analog anzuwenden. Bei der Begründung und Durchführung des Vertragsverhältnisses wie auch bei der Beendigung müssen im wesentlichen Vorschriften des BGB und analoge Regeln aus dem Arbeitsverhältnis angewandt werden.
    Der Rechtscharakter dieses Verhältnisses mit dem Dritten/Maßnahmeträger wird wegen der sozialrechtlichen Veranlassung z.T. als Sozialrechtsverhältnis mit öffentlich-rechtlichem Charakter gesehen. Dies hat gravierende Auswirkungen, weil dann die Rechtsstreitigkeiten generell vor dem Sozialgericht verhandelt werden müßten.
    Andererseits aber hat der Ein-Euro-Jobber mit dem Dritten ein Rechtsverhältnis, das in wichtigen Teilen ähnlich wie ein Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist. Da auch noch seine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit hinzukommt, könnte man auch an ein arbeitnehmerähnliches Rechtsverhältnis und damit an ein bürgerlich-rechtliches Rechtsverhältnis denken. Dafür wären evtl. die Arbeitsgerichte zuständig.
    Die Frage ist schwierig und muß zukünftig noch von den Gerichten beantwortet werden.

4. Arbeitspflicht

    Für die Durchführung der Hauptpflichten aus dem Vertragsverhältnis wie auch zur Begründung und Beendigung des Vertragsverhältnisses sind im wesentlichen die Vorschriften des BGB heranzuziehen.
    Die allgemeinen BGB-Vorschriften für die Begründung eines schuldrechtlichen Vertrages, für Mängel dieses Vertrages, Anfechtbarkeit usw. gelten vorliegend für die Vereinbarung zwischen dem Arbeitslosen und dem Maßnahmeträger.
    Die Durchführung der Hauptpflichten im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit folgt nach den Regeln des § 611 BGB. Der leistungsberechtigte Arbeitslose hat die Arbeitsleistung zu erbringen, die einerseits zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsagentur, andererseits zwischen dem Arbeitslosen und dem Dritten vereinbart worden ist. Er muß diese Arbeitsleistung zuverlässig und so gut wie möglich erbringen.
    In vielen Fällen wird es so sein, daß die konkrete Erbringung der Arbeitsleistung vor Ort in der Eingliederungsvereinbarung nicht oder nicht vollständig geregelt ist. Aus diesem Grunde ist es wichtig, daß in der Vereinbarung zwischen dem Arbeitslosen und dem Dritten die Konkretisierung der Arbeitsleistung weiter vertraglich geregelt wird, vor allem die genaue Art und den genauen Inhalt der Arbeitsleistung, den Ort der Arbeitsleistung. Besonders wichtig ist die Regelung der Arbeitszeit, sowohl des Umfanges wie auch der Lage der Arbeitszeit.
    Wie bereits ausgeführt, könnte es unzumutbar sein, wenn ein Arbeitsloser im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit ganztags beschäftigt wird ohne einen entsprechenden finanziellen Ausgleich.

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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug