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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 218: Neue Gewerbeordnung II
Der Fall:
Arbeitgeber Mark Twain möchte seine deutschen Verkaufsmitarbeiter angesichts der Währungsschwankungen lieber in Dollar als in Euro bezahlen.
Sektfabrikantin Rotkäppchen möchte den Lohn ihrer Arbeitnehmer zumindest in Höhe von 100 Flaschen monatlich in Sekt bezahlen. Autofabrikant Horch verkauft seinen Mitarbeitern seine Autos auf Kredit. Als
Alternative bietet er an, das Auto über ein Darlehn bei seiner Horch-Bank zu bezahlen. Arbeitgeber Karl May möchte den Absatz seiner Werke fördern, indem er jedem Arbeitnehmer statt Barzahlung jeweils 5
Gesamtausgaben seiner Werke gibt und von der alten Büroeinrichtung jeweils einen Schreibtisch. Ist das alles zulässig?
Die Lösung:
1. Lohn in Euro?
In § 107 Abs. 1 GewO ist geregelt, daß das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen ist. Das war schon früher in der Gewerbeordnung bezüglich DM
so geregelt. Daraus geht hervor, daß Mark Twain in jedem Falle seine deutschen Mitarbeiter in Euro bezahlen muß, um sich nicht Problemen auszusetzen. Gerade bei Arbeitsverhältnissen mit Auslandsbezug ist dies
insgesamt ein Problem. Das Gesetz gilt nicht für Arbeitnehmer, die für deutsche Firmen im Ausland beschäftigt sind, sondern nur für Arbeitnehmer, die in Deutschland tätig werden. Problematisch wird das Gesetz
immer für Arbeitsverhältnisse mit Auslandsbezug. Dies gilt insbesondere für höhere und leitende Angestellte, die sowohl in Deutschland wie auch im Ausland tätig sind, z.B. bei internationalen Unternehmen,
Konzernen, Banken etc. Da durch die neue Gewerbeordnung auch höhere und leitende Angestellte einbezogen sind, ist bislang nicht geklärt, ob diese Vorschrift gerade auch in diesem Bereich bei
Arbeitsverhältnissen mit starkem Auslandsbezug zwingend ist, oder ob nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit durch Arbeitsvertrag davon abgewichen werden darf. Gerade die Währungsschwankungen zwischen Dollar und
Euro und Britischem Pfund und Euro zeigen die Problematik. Richtig dürfte sein, daß Arbeitsverhältnisse ohne Auslandsbezug stets in Euro abzurechnen sind. Bei den Arbeitsverhältnissen leitender Angestellter
oder von Angestellten mit erheblichen Beschäftigungszeiträumen im Ausland wird der Grundsatz der Vertragsfreiheit vorgehen.
2. Sachleistungen
In § 107 Abs. 2 Satz 1 hat der Gesetzgeber bestimmt, daß Arbeitnehmer und Arbeitgeber Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgeltes vereinbaren können, „wenn
dies dem Interesse des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entspricht.“ Sachbezüge im Sinne dieser Vorschrift sind Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer, die eine geldwerte
Leistung darstellen. In der Vergangenheit gab es bei vielen Unternehmungen Sachbezüge, z.B. Kohle bei Bergwerksunternehmen, Bier bei Brauereien, Butter, Eier, Mehl etc. in landwirtschaftlichen Unternehmen, Milch
und Joghurt sowie Sahne in Molkereien und Holz in Forstbetrieben. Dazu gehört auch die Überlassung eines Dienstwagens zum privaten Gebrauch. Der Gesetzgeber hat anerkannt, daß Sachbezüge nach wie vor möglich
und zulässig sind. Allerdings müssen die Sachbezüge entweder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis bzw. zu der Art des Betriebes besitzen oder im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Wenn Sektfabrikantin
Rotkäppchen ihren Arbeitnehmern Sekt überläßt als Bezahlung, so liegt dies in Übereinstimmung mit der Eigenart des Arbeitsverhältnisses oder des Betriebes. Die Höhe darf allerdings nicht unbeschränkt sein.
Sachbezüge dürfen höchstens bis zur Höhe der Pfändungsfreigrenze als Bezahlung dienen. Streitig kann sein, welche Sachbezüge im Interesse des Arbeitnehmers liegen. Individuell sind die Interessen der
Arbeitnehmer sehr unterschiedlich. Der Alkoholiker liebt vielleicht mehr Bier und Schnaps als Sekt. Der Nichtalkoholiker hat mehr Interesse an Büchern, der Raucher an Rauchwaren. Es kann insbesondere in größeren
Unternehmungen jedoch nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen, auf die individuellen Interessen einzelner Arbeitnehmer einzugehen. Deshalb muß hier eine objektiv-abstrakte Betrachtung Platz greifen, nicht ein
individuelle Betrachtung. Der Arbeitgeber kann nicht die individuellen Vorlieben und Interessen einzelner Arbeitnehmer erforschen und versuchen zu befriedigen. Achtung:
Eine Sonderregelung ist in § 10 Berufsbildungsgesetz für Berufsausbildungsverhältnisse vorhanden. Danach dürfen im Ausbildungsverhältnis Sachbezüge 75 % der Bruttovergütung des
Auszubildenden nicht überschreiten. Diese Sonderregelung wird von § 107 GewO nicht erfaßt.
3. Kreditierungsverbot
Dieses Kreditierungsverbot durch § 107 Abs. 2 Satz 2 GewO wurde früher „Truck-Verbot“ genannt. Danach ist geregelt, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer
keine Waren auf Kredit überlassen darf! Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer weder eigene Produkte auf Kredit verkaufen, noch fremde Produkte. Diese Regelung ist historisch bedingt. Es soll verhindert werden,
daß der Arbeitnehmer durch ständige Warenlieferungen des Arbeitgebers in Verschuldung und Abhängigkeit zum Arbeitgeber gerät und so über seine Arbeitskraft nicht mehr frei verfügen kann (vgl. die Romane von B.
Traven). Es ist deshalb verboten, daß der Autofabrikant Horch seinen Mitarbeitern ein eigenes Auto auf Kredit verkauft. Macht er dies, kann der Arbeitnehmer später den einbehaltenen Lohn erfolgreich
herausverlangen! Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Kaufpreis für das Auto über einen Kredit bei einem Bankinstitut finanziert wird. Dann wird die Leistung des Arbeitgebers bezahlt. Der Kreditvertrag bei
einem Bankinstitut ist nicht verboten. Dies gilt selbst dann nach der Rechtsprechung des BAG, wenn das Kreditinstitut in ständiger Geschäftsverbindung zum Arbeitgeber steht. Problem: Bei manchen Unternehmen werden Vorzugs- oder Belegschaftsaktien den Mitarbeitern unter Stundung bzw. unter Ratenzahlung des Aktienpreises
angeboten. Auch solche Vorgehensweisen dürften unter das Kreditierungsverbot fallen.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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