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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 93: Entgeltumwandlung II - Welches Entgelt kann umgewandelt werden?
Der Fall:
Entgeltumwandlung ist ein Schlagwort, das zunächst wenig aussagekräftig ist. Arbeitgeberin Steffi und Mitarbeiterin Serena fragen sich deshalb, welche
Vergütungsbestandteile und auf welchem Wege umgewandelt werden könnten. Der Gesetzgeber stellt sie vor große Rätsel mit seinen Formulierungen.
Die Lösung
1. Entgeltverzicht
Entscheidender Baustein bei der Entgeltumwandlung ist der Verzicht der Arbeitnehmerin Serena auf Entgelt oder Entgeltbestandteile gegenüber der
Arbeitgeberin Steffi. Aufgrund dieses Verzichtes verspricht die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin im Vertragswege die Abführung eines wertgleichen Betrages auf ein Altersversorgungskonto der Arbeitnehmerin. Durch
diesen Verzicht entsteht der Vergütungsanspruch der Arbeitnehmerin nur in gekürzter Form. Dieser Verzicht ist die Voraussetzung dafür, daß Sozialversicherungsbeiträge und Steuerpflicht nicht oder nur in
verminderter Form entstehen. Ein Verzicht bei Tarifansprüchen ist jedoch problematisch. Er setzt in der Regel eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag voraus.
2. Was ist umwandlungsfähiges Entgelt?
Früher sprach man von “Gehaltsumwandlung”. Mit der neuen gesetzlichen Regelung ist klargestellt, daß nicht nur eine Gehaltsumwandlung im Rahmen der
betrieblichen Altersversorgung möglich ist. Vielmehr ist die Umwandlung von Entgelten aller Art möglich. Es ist Verzicht auf laufendes Gehalt möglich, Spesen und Zulagen, aber auch auf jeden anderen geldwerten
Vorteil. Darunter können Gratifikationen fallen, vermögenswirksame Leistungen, Deputate, zukünftige Gehaltserhöhungen, Tantiemen, Ersatz für Sachbezüge und geldwerte Vorteile aus Dienstwagenansprüchen.
3. Künftige Entgeltansprüche
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich geregelt, daß nur “künftige” Entgeltansprüche umwandelbar sind. Eine weitere Definition, was darunter zu verstehen ist,
fehlt. Es muß davon ausgegangen werden, daß nur Ansprüche unter die Entgeltumwandlung fallen, die zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht entstanden waren und außerdem noch nicht fällig sind. Die
Entgeltansprüche sind schon vertraglich oder durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung etc. vereinbart, sollen aber erst in der Zukunft durch zu erbringende Arbeit entstehen und fällig werden. Fall 1:
Steffi und Serena wollen künftige Gehaltserhöhungen in eine Altersversorgung umwandeln. Das geht nicht. Da zukünftige Gehaltserhöhungen noch nicht vertraglich oder tarifvertraglich vereinbart sind, fehlt ein künftiger Anspruch. Künftige Gehaltserhöhungen sind lediglich Aussichten ohne Rechtsanspruch.
Fall 2:
Ende 2002 vereinbaren Steffi und Serena die Umwandlung von 50 % der jeweiligen Januargehälter 2003 bis 2006. Es handelt sich um künftige, vertraglich vereinbarte Ansprüche. Eine Umwandlung ist möglich.
Fall 3:
Weihnachtsgeld / Jahressonderzahlung / 13. Monatsgehalt / Urlaubsgeld soll umgewandelt werden. Dies wird im November 2002 vereinbart. Eine solche Vereinbarung ist unproblematisch, soweit es sich um Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, 13. Monatsgehalt etc. ab 2003 handelt. Es ist vertraglich oder tarifvertraglich von Arbeitgeberin Steffi geschuldet, entsteht aber erst zukünftig ab dem Jahr 2003.
Dagegen könnte das Weihnachtsgeld 2002 nicht mehr im November 2002 umgewandelt werden. Der Anspruch 2002 ist nämlich ganz oder “pro rata temporis” zu 10/12 bereits entstanden. Fall 4:
Steffi und Serena wollen nur einmalig das Gehalt für Juli 2003 der Vereinbarung vom November 2002 umwandeln. Arbeitsrechtlich ist diese Umwandlung unproblematisch. Allerdings wollen bisher verschiedene Oberfinanzdirektionen das Steuerprivileg für die einmalige Umwandlung eines einzelnen Monatsgehaltes nicht gewähren. Deshalb sollte in diesem Fall der Arbeitgeber beim zuständigen Finanzamt anfragen und um schriftlichen Bescheid über die Steuerpauschalierung oder Steuerbefreiung bitten.
4. Wertgleiche Anwartschaft
Das Gesetz fordert weiterhin die Umwandlung künftiger Entgeltansprüche in eine “wertgleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen”. Eine gesetzliche
Definition fehlt. Mangels Rückgriff des Gesetzgebers auf versicherungsmathematische Grundsätze muß davon ausgegangen werden, daß der Begriff “wertgleich” nicht auf eine versicherungsmathematische
Vergleichbarkeit eingeengt ist. Vielmehr ist damit im Sinne eines Austauschverhältnisses eine wirtschaftlich vergleichbare Versorgungsanwartschaft gemeint. Im Zweifel müßte Steffi z.B. bei einem Verzicht auf
Weihnachtsgeld in Höhe von 2000 Euro brutto den selben Betrag auf das Altersversorgungskonto von Serena überweisen. Steffi hätte dann die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung gespart.
Die Rechtsprechung muß diesen unklaren Begriff noch klären.
>> Nächste Folge: Entgeltumwandlung III - gesetzliche Sicherungen des Umwandlungsbetrages
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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