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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 97: Riester-Rente II

Der Fall:

    Arbeitnehmerin Venus gehört zum anspruchsberechtigten Personenkreis für die Riester-Rente, die selbständig tätige Martina ebenfalls, sofern sie aufgrund ihrer geringen Vergütung versicherungspflichtig ist (z.B. als Schein-Selbständige).
    Bevor beide Arbeitnehmerinnen sich über Jahrzehnte für die Riester-Rente festlegen, wollen sie aber wissen, wie hoch ihre Mindestbeiträge sind. Außerdem wollen sie wissen, wie hoch die Zulagenförderung tatsächlich ist. Arbeitgeberin Steffi weiß daraufhin keine Antwort. Viele Ratgeber machen Hoffnungen, drücken sich aber nicht verständlich aus.

Die Lösung:

1. Höhe der Zulage

    Die Zulage und ihre Höhe ist stets abhängig vom Familienstand und der Kinderzahl.
    Alleinstehender:
    Für den Alleinstehenden beträgt die Grundzulage im Jahr 2002 38 Euro. Diese Zulage erhöht sich alle 2 Jahre um jeweils 38 Euro (Zulagenhöhe 2004: 76 Euro etc.) Im Jahr 2008 ist die Endstufe mit einer Zulagenhöhe von 150 Euro pro Jahr erreicht. Danach gibt es keine weiteren Steigerungen der Zulage.
    Ehepaare:
    Im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten steht die Grundzulage von 38 Euro in 2002 / 154 Euro ab 2008 jedem der beiden Ehepartner zu. Voraussetzung ist, daß beide Ehepartner eigenständige Altersversorgungsansprüche erwerben. Die Riester-Rente und Förderung ist auch dann möglich, wenn nur ein Ehepartner steuer- und sozialversicherungspflichtige Einnahmen hat. Voraussetzung ist allerdings, daß der nichtverdienende Ehepartner ebenfalls seinen Mindesteigenbeitrag leistet!
    Kinder:
    Für jedes kindergeldberechtigte Kind wird eine Kinderzulage gezahlt. Die Kinderzulage beträgt im Jahr 2002 46 Euro. Sie steigt alle 2 Jahre um weitere 46 Euro (z.B. 2004 insgesamt 92 Euro). Die Kinderzulage beträgt im Jahr 2008 185 Euro pro kindergeldberechtigtem Kind.
    Achtung:
    Die Kinderzulage wird nur solange gezahlt, wie das jeweilige Kind kindergeldberechtigt ist. Der Arbeitnehmer, der sich zwischen der Riester-Rente und der klassischen Entgeltumwandlung zu entscheiden hat, muß genau prüfen, wie lange ihm die interessante Kinderzulage überhaupt noch zusteht! Bei länger laufenden Versorgungsverträgen muß wegen der selbständig werdenden Kinder damit gerechnet werden, daß die staatliche Zulage später massiv absinkt.

2. Mindesteigenbeitrag

    Die vorgenannten Zulagen werden nur in voller Höhe gezahlt, wenn der begünstigte Arbeitnehmer seinen Mindesteigenbeitrag zur Riester-Rente geleistet hat. Der Mindest-Eigenbeitrag beträgt
    – in den Jahren 2002/2003 1 %,
    – in den Jahren 2004/2005 2 %,
    – in den Jahren 2006/2007 3 %,
    – ab dem Jahr 2008 jährlich 4 %
    der im vorangegangen Kalenderjahr erzielten beitragspflichtigen Einnahmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

3. Sockelbetrag

    Im Einzelfall kann es sein, daß bereits alleine die staatlichen Zulagen die Mindestaufwendungen von 4 % des vorangegangenen beitragspflichtigen Jahreseinkommens erreichen oder gar übersteigen. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn eine größere Kinderzahl vorhanden ist. In diesem Falle muß der Begünstigte und ggf. sein Ehepartner gleichwohl zur Erlangung der vollen Zulage mindestens einen bestimmten Sockelbetrag als Mindesteigenbeitrag leisten.
    Dieser Sockelbetrag beläuft sich von 2002 bis 2004 auf
    – 45 Euro für Steuerpflichtige ohne Kinderzulage,
    – 38 Euro für Steuerpflichtige mit einer Kinderzulage,
    – 30 Euro für Steuerpflichtige mit mehreren Kinderzulagen.
    Der Sockelbetrag beläuft sich ab 2005 auf
    – 90 Euro für Steuerpflichtige ohne Kinderzulage,
    – 75 Euro für Steuerpflichtige mit einer Kinderzulage,
    – 60 Euro für Steuerpflichtige mit mehreren Kinderzulagen.

4. Sonderausgabenabzug

    Der Sonderausgabenabzug wird nur gewährt, wenn er aufgrund der hohen Steuerbelastung günstiger ist, als die Zulage. Die Günstigkeitsprüfung wird von Amts wegen durch das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers vorgenommen.

5. Steuer- und Sozialversicherungspflicht

    Die Riester-Rente stellt Entgeltumwandlung aus dem Netto-Entgelt dar. Dies bedeutet, daß vom Arbeitgeber bereits volle Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt sind. Auf den Nettobetrag erfolgt dann die staatliche Förderung.
    Die Erträge aus der Riester-Rente unterliegen allerdings - soweit sie nicht nach § 10 a EStG gefördert wurden, voll der nachgelagerten Besteuerung im Rentenfall gem. § 22 Nr. 5 EStG.

>> Nächste Folge: Riester-Rente und klassische Entgeltumwandlung im Vergleich
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Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle:
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug