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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 103: Einschränkungen des Anspruchs auf Weihnachtsgratifikation
Der Arbeitgeber kann bei der Zusage einer Weihnachtsgratifikation Einschränkungen machen, wenn er nicht zwingend tariflich gebunden ist. Er kann
insbesondere eine Rückzahlungsklausel vereinbaren oder ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis als Bedingung für eine Zahlung voraussetzen. Teilweise sind solche Einschränkungen auch in Tarifverträgen enthalten.
Der Fall
Arbeitgeber Gregor vereinbart mit dem Fahrer Lothar die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation von 1.000 Euro. Voraussetzung ist aber der Bestand des
ungekündigten Arbeitsverhältnisses am 30.11. des Jahres. Arbeitgeber Joschka will sich für alle neu eintretenden Arbeitnehmer an den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes orientieren. Er vereinbart deshalb
mit den neu eintretenden Arbeitnehmern eine Rückzahlungsklausel für das Weihnachtsgeld, sofern der Arbeitnehmer bis zum 31.3. des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Spediteur Gregor kündigt
Lothar am 15.11.2002. Er verweigert deshalb die Weihnachtsgratifikation von 1.000 Euro. Lothar hält das für ungerecht. Arbeitnehmer Guido kündigt bei Joschka das Arbeitsverhältnis zum 31.3.2003. Joschka will
das Weihnachtsgeld von 2.000 Euro (1/2 Monatsgehalt) von Guido zurückgezahlt bekommen. Guido sieht sich von Joschka dadurch in seiner freien Berufswahl unzulässig beeinträchtigt.
Die Lösung
1. Allgemeines
Im Rahmen der Vertragsfreiheit sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer berechtigt, auch für die Weihnachtsgratifikation jede Regelung zu treffen, die sich
innerhalb des gesetzlichen Rahmens bewegt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer durch Organisationszugehörigkeit (Arbeitgeberverband und Gewerkschaft) zwingend tarifgebunden
sind. Dann sind die Normen des Tarifvertrages als Mindestbedingung im Arbeitsverhältnis zwingend vorgeschrieben.
2. Ungekündigtes Arbeitsverhältnis
Eine häufiger vorkommende Bedingung für die Weihnachtsgeldzahlung ist der Bestand eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Zeitpunkt,
in der Regel zum 31.11. oder 31.12. des entsprechenden Jahres. Eine solche Bedingung ist nach ständiger Rechtsprechung generell zulässig. Erfüllt der Arbeitnehmer den Bedingungseintritt nicht, so besteht der
Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation nicht. Eine besonderheit gilt bei der Kündigung durch den Arbeitgeber: Spediteur Gregor hat Lothar am 15.11.2002 gekündigt. Lothar erfüllt deshalb die
Bedingung des ungekündigten Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2002 nicht. Da Lothar die Kündigung weder veranlaßt noch verschuldet hat, erscheint der Wegfall des Weihnachtsgeldes jedoch als ungerecht. Deshalb
hat die Rechtsprechung hier differenziert: – Kündigt Spediteur Gregor betriebsbedingt (Auftragsmangel, Geldmangel, Rationalisierung etc.), so hat Fahrer Lothar die Kündigung nicht zu vertreten. In diesem
Falle wäre es eine unzulässige Rechtsausübung, wenn sich der Arbeitgeber auf den Bedingungseintritt beruft. Im Ergebnis bedeutet dies, daß Lothar einen Anspruch auf Zahlung von 1.000 Euro Weihnachtsgeld hat,
selbst wenn er gekündigt wurde. Lothar hat nämlich seine Betriebstreue dem Arbeitgeber uneingeschränkt zur Verfügung gestellt. – Etwas anderes gilt dann, wenn Arbeitgeber Gregor den Fahrer verhaltensbedingt,
d.h. wegen schuldhafter Verletzung des Arbeitsvertrages kündigt. Dann wäre die Kündigung vom Arbeitnehmer verursacht worden und verschuldet. Dann dürfte sich Flott auf die Bedingung des ungekündigten
Arbeitsverhältnisses berufen.
3. Rückzahlungsklauseln
In Gratifikationszusagen wird immer wieder auch ein Rückzahlungsvorbehalt gemacht. Damit soll der Arbeitnehmer verpflichtet werden, die schon ausgezahlte
Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen, wenn er innerhalb einer bestimmten Zeit nach Zahlung der Gratifikation aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Solche Rückzahlungsvorbehalte sind generell zulässig. Sie
müssen allerdings eindeutig vom Arbeitgeber in die Gratifikationszusage eingearbeitet sein.
4. Bindungsdauer
Die Rückzahlungspflicht muß für den Arbeitnehmer zumutbar und überschaubar sein. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu entsprechende Rechtsgrundsätze
aufgestellt: – Nach der Rechtsprechung kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bei Gratifikationszusagen bis zu einer Höhe von ca, 150 Euro überhaupt nicht binden. Solche geringen Gratifikationen werden
insbesondere aus Anlaß des Weihnachtsfeste erbracht und für Weihnachten aufgebraucht. – Die Rechtsprechung hat bei Weihnachtsgratifikationen über 150 Euro bis zur Höhe eines Monatsgehaltes eine Bindung des
Arbeitnehmers bis zum 31.3. des Folgejahres für zulässig erachtet. – Zahlt der Arbeitgeber eine höhere Gratifikation als ein Monatsgehalt, so hat die Rechtsprechung im Zweifel auch eine Bindungswirkung bis
zum 30.6. des Folgejahres zugelassen. – Eine Bindung des Arbeitnehmers über den 30.6. des Folgejahres hinaus ist problematisch und allenfalls dann zu rechtfertigen, wenn die Weihnachtsgratifikation eine
deutliche weitere Steigerung beinhaltet.
5. Zu lange Bindungsdauer
Hat der Arbeitgeber eine zu lange Bindungsdauer oder Rückzahlungsfrist vereinbart oder gefordert, so ist die Gratifikationszusage trotzdem wirksam. Nur
die lange Bindungsfrist ist unwirksam. Von Seiten des Gerichts kann die Bindungsfrist auf einen angemessenen Zeitraum reduziert werden. Arbeitnehmer Guido hat zum 31.3.2002 gekündigt. Die
Rückzahlungsforderung von Arbeitgeber Joschka ist berechtigt, da die Bindungsfrist bis zum 31.3. nicht übermäßig lang war. Guido muß an Joschka die schon erhaltenen 2000,- Euro Weihnachtsgratifikation
zurückzahlen.
6. Tarifliche Rückzahlungsvorbehalte
Rückzahlungsklauseln gibt es auch in Tarifverträgen, z.B. im Zuwendungstarifvertrag im Öffentlichen Dienst. Im Öffentlichen Dienst (31.3. des
Folgejahres).
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
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Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
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181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
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205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
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265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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