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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 26: Die Verringerung der Arbeitszeit
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gibt den Arbeitnehmern seit dem 1.1.2001 einen Anspruch auf Verringerung ihrer vertraglichen Wochenarbeitszeit. Diese Möglichkeit eröffnet dem
Arbeitsverhältnis ganz neue Wege, aber auch neue Probleme.
Der Fall:
Arbeitgeber Paulus hat seinen Betrieb mit seinen 30 Arbeitnehmern wunderbar organisiert. Er schaut auf eine glückliche Mannschaft und eine ruhige Zukunft. Just zu diesem Zeitpunkt
beantragen im Frühjahr 2001 die Vollzeitarbeitnehmer Lukas, Moses und Josefine die Kürzung ihrer Arbeitszeit. Lukas will um 5 Stunden kürzen und nicht mehr freitags arbeiten. Moses will auf 30 Stunden
zurückgehen und montags sowie freitags arbeitsfrei bekommen. Von dienstags bis donnerstags will er täglich 10 Stunden arbeiten. Josefine kommt aus dem Erziehungsurlaub zurück. Sie möchte wegen ihrer 2 Kinder
nur noch halbtags vormittags arbeiten. Arbeitgeber Paulus ist empört. Solches hat es noch nie gegeben. Die ganze betriebliche Organisation gerät ins Wanken. Er blockt deshalb ab. Kann Paulus diese neuen
Teilzeitansprüche verhindern?
Die Lösung:
1. Das Gesetz
In § 8 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) hat der Gesetzgeber als Kernvorschrift einen Anspruch auf Teilzeitarbeit des Arbeitnehmers, d.h. einen Anspruch auf Verringerung der
vertraglich vereinbarten Arbeitszeit festgeschrieben. Als Ergänzung dazu der Gesetzgeber in § 8 Abs. 4 TzBfG bestimmt, daß der Arbeitgeber Paulus der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen hat und die
Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festlegen muß, soweit nicht betriebliche Gründe entgegenstehen. Der Begriff der betrieblichen Gründe ist sehr unbestimmt.
2. Abmahnungsgründe
Ursprünglich enthielt der Gesetzesentwurf “dringende” betriebliche Ablehnungsgründe. Dies ist im Gesetzgebungsverfahren gestrichen worden. Daraus ist nach der neuen Gesetzesbegründung zu
folgern, daß rationale, nachvollziehbare betriebliche Gründe ausreichend sein sollen, um dem Teilzeitwunsch des Arbeitnehmers entgegenzutreten. Als Beispiele hat der Gesetzgeber angeführt: Ein
betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder
unverhältnismäßige Kosten
verursacht. Diese Begründung verstärkt wiederum die Anforderungen an die Arbeitgeberablehnung, da wesentliche oder unverhältnismäßige Umstände gefordert werden. Mit den Einzelheiten muß sich die Rechtsprechung noch befassen. Nachfolgend einige Widerspruchsgründe. Mit einem Widerspruch des Arbeitgebers ist aber auch nur dann zu rechnen, wenn er die Arbeitszeitverkürzung nicht zur Rationalisierung und zur Umverteilung der Arbeit innerhalb der Arbeitnehmerschaft benutzen kann.
3. Fehlende geeignete Ersatzkraft
Ein Hauptgrund gegen die Umsetzung des Teilzeitanspruches wird der Fachkräftemangel sein. Die Aufzählung der Widerspruchsgründe durch den Gesetzgeber ist nicht abschließend. Außerdem ist
Fachkräftemangel eine Beeinträchtigung des Betriebsablaufs. Fachkräfte sind auf dem Arbeitsmarkt schwer zu finden. Sie stehen außerdem nicht unbeschränkt als Teilzeitkräfte zur Verfügung. Der Arbeitgeber ist
nicht verpflichtet, Teilzeitwünsche durch Mehrarbeit anderer Arbeitnehmer auszugleichen. Andere Arbeitskollegen sind auch nicht verpflichtet, wegen eines Teilzeitwunsches Mehrarbeit abzuleisten. Nach
herrschender Ansicht ist der Arbeitgeber auch nicht auf die Inanspruchnahme von Leiharbeitnehmern zu verweisen. Ein Leiharbeitnehmer darf nur für die Dauer von 12 aufeinanderfolgenden Monaten beschäftigt werden.
Er muß entsprechend eingearbeitet werden.
4. Suche von Ersatzarbeitnehmern
Der Arbeitgeber muß bei der Ablehnung eines Teilzeitwunsches aufgrund betrieblicher Bedingungen auch entsprechende Nachweise führen. Sofern er wegen einer fehlenden Ersatzkraft den
Anspruch zurückweist, muß er in der Regel sich zunächst einmal mit dem zuständigen Arbeitsamt in Verbindung gesetzt haben. Die entsprechenden Auskünfte des Arbeitsamtes sollten aus Beweisgründen für spätere
Prozesse schriftlich dokumentiert werden. Die gesuchte Ersatzkraft muß dann sämtlichen Anforderungen an den Arbeitsplatz genügen. Dies betrifft sowohl den Umfang der Arbeitszeit, wie auch die Lage der
Arbeitszeit. Beispiele:
Im Falle von Josefine muß der Ersatzarbeitnehmer bereit sein, halbtags und nachmittags zu arbeiten. Im Falle des Arbeiters Moses ist eine Ersatzkraft notwendig, die nur montags und freitags arbeitet und gegebenenfalls nur insgesamt 8 Stunden. Der Arbeitnehmer Lukas will nur um 5 Stunden kürzen und den Freitag als Arbeitstag streichen. Dafür muß eine spezielle Arbeitskraft gefunden werden.
Offen ist die Frage, inwieweit der Arbeitgeber verpflichtet sein soll, alle ihm vom Arbeitsamt benannten arbeitslosen Arbeitnehmer anzuschreiben. Bisher ging die Initiative zu einem Bewerbungsgespräch
weitgehend vom Arbeitnehmer aus, der sich auf Stellengesuche bewarb. Dies kann aufgrund der Arbeitgeberverpflichtung nicht mehr uneingeschränkt gelten. Im Zweifel muß der Arbeitgeber sich um Bewerber aktiv
bemühen.
5. Internet/Tageszeitung
Für die Suche nach einer geeigneten Ersatzkraft ist insbesondere auch die Anzeige in einer oder mehreren Tageszeitungen erfolgversprechend. Auch hier wird im Einzelfall abzuwägen sein,
inwieweit der Arbeitgeber ausreichend einen Ersatzbewerber durch Zeitungsanzeigen gesucht oder durch Unterlassen nicht gesucht hat. Im Zweifel muß der Arbeitgeber bei gerichtlichem Streit darlegen, daß er auch
insoweit alle zumutbaren Bemühungen unternommen hat. Dasselbe gilt für ein Stellenangebot im Internet, sofern der Arbeitgeber im Internet vertreten ist.
6. Zeitdruck
Sofern der Arbeitnehmer erst 3 Monate vor Beginn der gewünschten Veränderung seine Ansprüche anmeldet, steht der Arbeitgeber unter erheblichem Zeitdruck. Bei der Suche von Fachkräften
und Spezialisten kann es illusorisch sein, innerhalb von wenigen Monaten eine geeignete Ersatzkraft für Teilzeitarbeit zu finden. Es empfiehlt sich deshalb dringend, daß der Arbeitnehmer seine
Veränderungswünsche möglichst frühzeitig anmeldet. 6. Ablehnung von Bewerbern Die Entscheidung darüber, ob ein Bewerber für die gesuchte Aufgabe qualifiziert ist oder nicht, obliegt grundsätzlich dem
Arbeitgeber. Dieses Recht bleibt auch im Rahmen des Teilzeitanspruches erhalten. Findet der Arbeitgeber keinen qualifizierten oder geeigneten Bewerber, so muß er nicht irgendeinen Bewerber einstellen. Allerdings
ist das Ablehnungsrecht des Arbeitgebers durch den Teilzeitanspruch des Arbeitnehmers eingeschränkt. Der Arbeitgeber muß nach billigem Ermessen, § 315 BGB, abwägen. Allein der Einwand, daß “die Chemie” nicht
stimme, dürfte nicht für eine Ablehnung der Beschäftigung ausreichen. In der gerichtlichen Auseinandersetzung kann eine solche Ablehnungsentscheidung des Arbeitgebers auf Ermessensfehler geprüft werden.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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