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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Arbeitszeit – aktuelle Entwicklungen III - Wegezeiten/Dienstreise/Umkleidezeit -
Frage:
Wann beginnt meine Arbeitszeit eigentlich genau zu laufen, schon beim Verlassen der Wohnung, beim Betreten des Betriebes oder
am eigentlichen Arbeitsplatz? Zählen Umkleide- und Waschzeiten zur Arbeitszeit? Kann der Arbeitgeber von mir verlangen, daß ich auf Abruf bei betrieblicher Notwendigkeit erscheine? Was ist eigentlich
Vertrauensarbeitszeit?
Der Fall:
Lawrence von Arabien ist auf Heimaturlaub in Südengland. Nun soll er wieder zurück zum nächsten Feldzug gegen die Türken
nach Arabien. Er meint, daß die Wegezeit zum Arbeitsplatz von seinen Arbeitgebern, der englischen Admiralität und den arabischen Scheichs voll zu bezahlen sei. Außerdem möchte er sonntags seine Anreise auf
Gibraltar, Malta etc. unterbrechen wegen des Sonntagsarbeitsverbots. Kaiser Napoleon I. hat seinen treuen Marschall Ney zur Unterstützung zur Schlacht beim Waterloo gerufen. Marschall Ney ist der Ansicht, daß
die Anreise aus Montpellier als Dienstreise vergütungspflichtige Arbeitszeit sei. Napoleon kann keine Vorschrift solcherart in der kaiserlichen Dienstreiseordnung finden. Das Arbeitsgericht Marburg muß
entscheiden. Napoleons Bruder König Jerome von Westfalen, in Kassel residierend, hat Probleme mit den hessischen Soldaten. Diese meinen, daß ihre vergütungspflichtige Arbeitszeit schon beim Betreten der
Kaserne beginne. Zumindest aber seien die Umkleide- und Waschzeiten vor und nach dem Dienst vergütungspflichtig. Theaterfürst William Shakespeare hat den Dichter Walter Scott als Regie-Assistenten
eingestellt. Er ruft ihn nur bei Bedarf zur Arbeit. Walter Scott meint aber, daß eine reguläre Arbeitszeit zu bezahlen sei. Matthias Claudius beschäftigt die Schönschreiberin Richarda Huch zur Transformierung
seiner Gedichte und Prosa. Claudius lehnt eine Arbeitszeitkontrolle, eine Stechuhr und Aufschriebe ab. Er will eine Vertrauensarbeitszeit mit Richarda. Diese befürchtet, daß sie dann je nach Arbeitsanfall mehr
als 40 Stunden pro Woche unentgeltlich arbeiten müsse.
Die Lösung:
10. Wegezeiten
Wegezeiten von der Wohnung zum Betrieb und wieder zurück sind grundsätzlich keine vergütungspflichtigen Arbeitszeiten. Wo
und wie der Arbeitnehmer wohnt und wie er zur Arbeit kommt, ist seine Sache. Er muß jedenfalls pünktlich zu Arbeitsbeginn in arbeitsfähigem Zustand am Arbeitsplatz die Arbeit aufnehmen. Alles andere ist
Privatsache. Etwas anderes gilt nur, wenn für die Wegezeiten eine Vergütungspflicht des Arbeitgebers vereinbart wäre. Dies wäre bei einer besonders exotisch liegenden Arbeitsstelle, wie bei Lawrence von
Arabien durchaus denkbar (heute: Deutsche Baufirmen in Saudi-Arabien oder Libyen, Konzerniederlassungen in Singapur, Shanghai etc.). Ein weiterer Streit besteht darin, ob die Arbeitszeit ab Betreten des
Betriebsgeländes oder erst bei Aufnahme der Arbeit am eigentlichen Arbeitsplatz zählt. Dies wird unterschiedlich geregelt. Diese Fragen müssen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag geklärt
werden. Sonst hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf Beginn der Arbeitszeit und Bezahlung ab der eigentlichen Arbeitsaufnahme. Diese Frage kann auch per Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat
geregelt werden.
11. Dienstreisezeiten
Nach ständiger Rechtsprechung gehört die Dienstreisezeit im allgemeinen nicht zur Arbeitszeit. Zur Arbeitszeit werden alle
Betätigungen gerechnet, die zu erbringen der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages verpflichtet ist. Die eigentliche Dienstreise zählt deshalb in vielen Fällen nicht zum Kern der arbeitsvertraglichen
Verpflichtungen. Marschall Ney hat die Pflicht, Napoleon bei der Schlacht von Waterloo zu unterstützen. Der Ritt von seiner Garnison in Montpellier nach Belgien/Waterloo wäre zwar eine Dienstreise. Seine
Arbeitsaufgabe besteht aber insbesondere in der Organisation und dem Lenken von Schlachten, nicht in der Absolvierung von Dienstreisen. Achtung: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehört jedoch
die Dienstreisezeit dann zur Arbeitszeit, wenn der Arbeitnehmer während der Dienstreise selbst arbeiten muß oder arbeitet. Dies ist dann der Fall, wenn er verpflichtet ist, ein Auto zu fahren und selbst zu
lenken, oder wenn er z.B. während der Fahrt mit der Bahn oder dem Flug Akten bearbeitet oder eine Konferenz vorbereitet. Kann sich der Arbeitnehmer dagegen während der Reise z.B. im Flugzeug oder Zug entspannen,
liegt keine Arbeitsleistung vor. Beispiel: Muß Marschall Ney mangels Kutsche selbst reiten, so wäre dies vergütungspflichtige Arbeitszeit. Läßt er sich mit der Kutsche fahren, zählt die Dienstreise zur
Freizeit. Bearbeitet er in der Kutsche Schlachtenpläne und schreibt Mobilisierungsbefehle, so wäre es wieder Arbeitszeit. Nimmt ein Arbeitnehmer bei einer Dienstreise in seinem Auto mehrere Kollegen mit, so ist
für den fahrenden Arbeitnehmer die Dienstreise Arbeitszeit, während die beifahrenden Arbeitskollegen ihre Freizeit genießen.
12. Umkleide- und Waschzeiten
Es ist streitig, ob Umkleide- und Waschzeiten zur Arbeitszeit zählen. Nach älteren Urteilen kann diese Zeit nur dann als
vergütungspflichtige Zeit angesehen werden, wenn aufgrund der beruflichen Besonderheiten Waschen und Umkleiden zur Arbeit zu zählen ist. Dies ist zum Beispiel im Bergbau der Fall, wo die geschwärzten Kumpels
nicht ungewaschen auf die Straße geschickt werden können. Das gleiche könnte auch bei anderer, besonders schmutziger Arbeit gelten. Dasselbe gilt aber auch bei besonders sauberer Arbeit, wie einer Tätigkeit im
Hoch-Sauberkeits-Trakt einer Chip-Fabrik. Da hier Staubfreiheit herrschen muß, gehört Waschen und Umziehen ebenso zur Arbeitszeit, wie z.B. das Waschen und Umziehen von Ärzten und OP-Schwestern vor einer
Operation in einem Klinikum. Faustregel: Wenn Umziehen und/oder Waschen im Betrieb arbeitsnotwendig ist, wird es generell unter die bezahlungspflichtige Arbeitszeit fallen.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
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181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
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241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
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301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
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336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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