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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 108: Befristung des Arbeitsvertrags - Krankheitsvertretung
Der Fall:
Arbeitnehmerin Cosima ist bei Arbeitgeberin Mathilde Wesendonk bis zum 31.12.2002 befristet beschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist als Befristungsgrund die
Krankheitsvertretung für den schwer erkrankten Mitarbeiter Richard Wagner aufgeführt. Es handelt sich dabei um die 3. Befristung dieser Art in Folge. Arbeitgeberin Mathilde entläßt nach vorheriger schriftlicher
Mitteilung Cosima zum 31.12.2002. Cosima beruft sich auf die Unwirksamkeit der Befristung und fordert die unbefristete Weiterbeschäftigung. Sie begründet dies damit, daß Richard unheilbar krank sei und
ohnehin nicht wiederkomme. Dies habe Mathilde aufgrund ihrer engeren Bekanntschaft mit Richard doch wissen müssen.
Die Lösung:
1. Befristung mit Sachgrund
Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ein Sachgrund erforderlich, weil sonst das Kündigungsschutzgesetz durch
fortwährende Befristungen umgangen werden könnte. Eine Ausnahme gilt nur nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz für die ersten 2 Jahre. § 14 Abs. 2 TzBfG bestimmt, daß unter bestimmten Voraussetzungen ein
befristetes Arbeitsverhältnis für die Zeit bis zu 2 Jahren auch ohne Sachgrund abgeschlossen werden kann. Es darf allerdings kein früheres Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vorgelegen haben. Diese
Möglichkeit scheidet für Cosima und Mathilde aus, da Cosima vor ihrer letzten Befristung bereits zweimal befristet beschäftigt wurde (Vorarbeitsverhältnisse).
2. Krankheitsvertretung
Die Befristung mit Sachgrund ist in § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. In den Ziffern 1 bis 8 sind Sachgründe für die
Befristung aufgeführt. § 14 Abs. 1 Ziff. 3 TzBfG bestimmt, daß ein sachlicher Grund insbesondere vorliegt, wenn die Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Mitarbeiters beschäftigt wird. Solche
Vertretungsfälle können verschiedene Ursachen haben, z.B. Urlaub, Elternzeit, unbezahlte Freistellung. Ein Hauptgrund ist die Vertretung wegen Krankheit. Der Arbeitsvertrag mit Cosima hatte also einen zulässigen
Sachgrund. Die Befristung ist insoweit nicht zu beanstanden.
3. Zweckbefristung
Die Krankheitsvertretung eines Mitarbeiters ist eine Zweckbefristung. Nach § 15 Abs. 2 TzBfG endet der zweckbefristete Arbeitsvertrag mit dem Erreichen
des Zwecks. Das ist bei Krankheit oft schwierig festzustellen. In der Regel kann die Beendigung des Zwecks, d.h. die Gesundung des vertretenen Mitarbeiters oder gar dessen Tod nicht im Voraus genau festgelegt
werden. Deshalb bestimmt der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 TzBfG, daß die Zweckbefristung frühestens nach 2 Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung der Arbeitnehmerin durch die Arbeitgeberin über den
Zeitpunkt der Zweckerreichung endet. Mathilde Wesendonk hat der Arbeitnehmerin Cosima eine solche schriftliche Mitteilung rechtzeitig gemacht.
4. Prognose der Arbeitgeberin
Cosima wendet gegen die Wirksamkeit der letzten Befristung ein, daß der Mitarbeiter Richard Wagner ohnehin unheilbar krank sei und nicht mehr
wiederkomme. Der Arbeitsplatz kann deshalb von Richard nicht mehr besetzt werden. Damit besteht aus ihrer Sicht kein Grund, sie zu entlassen und ggf. einen neuen Arbeitnehmer einzustellen. Diese Argumentation
von Cosima ist sachlich nachvollziehbar, rechtlich jedoch nicht von Bedeutung. Der sachliche Rechtfertigungsgrund einer Vertretungs-Befristung liegt darin, daß der Arbeitgeber mit der Rückkehr des vertretenen
Mitarbeiters rechnet. Er hat deshalb von Anfang an nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis an einem Vertretungsarbeitsverhältnis. Zum Sachgrund der Vertretung gehört deshalb die Prognose des Arbeitgebers über den
voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zunächst erkrankten Mitarbeiters. Von einer Rückkehr kann in Vertretungsfällen nach der Rechtsprechung regelmäßig ausgegangen werden. Nur
wenn der Arbeitgeber im Ausnahmefall aufgrund der ihm vorliegenden Informationen davon ausgehen muß, daß die zu vertretende Stammkraft (hier: Richard Wagner) nicht wieder zurückkehren wird, könnte der Sachgrund
der Vertretung zweifelhaft und vorgeschoben sein. Die Arbeitnehmerin Cosima müßte deshalb darlegen und ggf. nachweisen, daß beim Abschluß der letzten Befristung Arbeitgeberin Mathilde bereits mehr oder
weniger sicher wußte oder wissen mußte, daß Richard Wagner an einer unheilbaren Krankheit leidet und deshalb nicht in das Arbeitsverhältnis zurückkommen kann. Nur in diesem Falle hätte sie recht, weil dann ein
Befristungsbedarf zum Zeitpunkt des letzten Vertrages nicht mehr bestand. Einen solchen Nachweis hat Cosima aber nicht geführt.
5. Mehrfachbefristung
Auch bei wiederholten Befristungen hintereinander wegen fortdauernder Verhinderungen der vertretenen Stammkraft bedarf es dieser negativen Prognose beim
letzten Vertragsabschluß. Auch bei mehrfacher Krankheitsvertretung darf der Arbeitgeber grundsätzlich davon ausgehen, daß der vertretene Mitarbeiter wieder gesundet und an den Arbeitsplatz wieder zurückkehrt.
Arbeitgeberin Mathilde brauchte auch vor Abschluß des letzten Befristungsvertrages mit Cosima keine Erkundigungen über die gesundheitliche Entwicklung beim erkrankten Richard einholen. Nur wenn ihr aufgrund
besonderer Umstände im Zuge der Mehrfachbefristungen die unheilbare Krankheit bekanntgeworden wäre, wäre die Befristung unwirksam. Im Ergebnis muß deshalb Cosima ausscheiden, auch wenn Richard Wagner zuletzt
tatsächlich unheilbar krank gewesen sein sollte.
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
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Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
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169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
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277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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