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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 59: Der „Low-Performer-Fall“. Kündigung wegen Schlechtleistung III
Der Fall:
Friseurmeisterin Pandora stellte in ihren Salon die Friseurin Andromeda ein. Laut Qualifikationsnachweis war sie besonders ausgebildet in Hochzeits- und Jugendfrisuren. Neben einem
Grundgehalt zahlte Pandora Leistungsprämien nach Umsatz. Dabei stellte sich heraus, daß Andromeda trotz Ermahnungen laufend etwa 40 % unter dem vergleichbaren Umsatz der Kolleginnen lag. Als sich nach 2
Abmahnungen noch immer nichts besserte, kündigte Pandora die Mitarbeiterin Andromeda verhaltensbedingt wegen Schlechtleistung. Andromeda klagte und trug vor Gericht zu ihrer Rechtfertigung vor, daß sie besonders
gründlich und hervorragend gut arbeite. Deshalb könnte sie nicht das Tempo der anderen erreichen. Außerdem schnappe ihr die Abteilungsleiterin Elektra wie ein „schlitzäugiger Raffzahn“ stets die besonders
umsatzträchtigen Kundinnen vor der Nase weg. Ist die Kündigung gerechtfertigt?
Die Lösung:
10. Konfliktlösung
Der Konflikt zwischen Pandora und Andromeda muß gelöst werden. Es muß zunächst festgestellt werden, ob Andromeda schuldhaft zu wenig Umsatz bringt, oder ob sie nicht anders arbeiten
kann. Dieser Konflikt ist nach den Regeln der „abgestuften Darlegungslast“ zu lösen. Dies bedeutet vorgerichtlich wie auch im Prozeß, daß der Arbeitgeber zunächst einmal prüfen muß, ob die Mitarbeiterin nach
objektiv meßbaren Arbeitsergebnissen deutlich unterdurchschnittlich arbeitet. Dies kann die Arbeitsmenge, die Qualität, das Tempo, den Umsatz oder andere Kriterien betreffen. Die Arbeitgeberseite genügt
zunächst ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen feststellen, aus denen ersichtlich ist, daß die gerügte Mitarbeiterin in ihrer Durchschnittsleistung hinter vergleichbaren Arbeitnehmern erheblich zurückbleibt.
Dadurch ist objektiv das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung (Lohn- und Arbeitsleistung) stark beeinträchtigt. Dies muß die Arbeitgeberin generell nicht auf Dauer hinnehmen. Liegen solche Fakten vor,
ist es Sache der Arbeitnehmerin, das Zahlenwerk der Arbeitgeberseite und seine Aussagefähigkeit im einzelnen zu bestreiten. Es ist ggf. auch ihre Sache, objektive Gründe der Leistungsbeeinträchtigung darzulegen,
die im Bereich der Arbeitgeberseite liegen. Das tat Andromeda, indem sie vorhielt, die Abteilungsleiterin Elektra nehme ihr die wichtigen Kunden wie ein „schlitzäugiger Raffzahn“ weg.
11. Persönliche Leistungsfähigkeit
Die Arbeitnehmerin kann im Gegenzug weiterhin darlegen, warum und wie sie ihre persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Sie kann auf eine begrenzte Leistungsfähigkeit hinweisen, oder
darauf, daß sie an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeitet bzw. diese ausschöpft. Es trifft sie dann kein Verschulden an der Schlechtleistung. Die Mitarbeiterin könnte insbesondere altersbedingte
Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, durch eine Behinderung, Beeinträchtigungen durch Arbeitskollegen, Mobbing, oder weitere betriebliche Gründe darlegen.
12. Unterdurchschnittliche Leistung
Eine unterdurchschnittliche Leistung, die von Arbeitgeberseite nicht auf Dauer hinzunehmen ist, liegt in der Regel vor, wenn die Mitarbeiterin mit mehr als 1/3 unter der
durchschnittlichen Arbeitsleistung der anderen Arbeitskollegen liegt. Das wäre bei Andromeda der Fall gewesen. Die Durchschnittsberechnung wird dabei richtigerweise aus dem Mittel der über- und
unterdurchschnittlichen Werte gebildet. Es reicht nicht aus, wenn Arbeitgeberin Pandora nur die Leistungen der besseren Hälfte der Mitarbeiter berechnet. Es müssen alle Mitarbeiter, auch die schlechten, in die
Durchschnittsberechnung mit einbezogen werden!
13. Personenbedingte Kündigung
Wenn die Mitarbeiterin ständig unterdurchschnittlich arbeitet, sie aber kein Verschulden trifft, so ist eine verhaltensbedingte Kündigung ausgeschlossen. Die Arbeitgeberin kann jedoch
im Einzelfall eine personenbedingte Änderungskündigung oder Beendigungskündigung aussprechen. Dabei handelt es sich um eine Kündigung wegen unverschuldeter Unfähigkeit oder Unmöglichkeit zur besseren Leistung.
Die personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt nicht voraus, daß die Arbeitnehmerin gegen ihr persönliches Leistungsvermögen schuldhaft verstößt. Vielmehr kommt es darauf an, daß die
Arbeitsleistung berechtigte Leistungserwartungen des Arbeitgebers in einem gravierenden Maß unterschreitet, so daß ihm ein Festhalten an dem bisherigen Arbeitsvertrag aufgrund der Schlechtleistung objektiv
unzumutbar wird.
14. Fazit
– Jeder Arbeitnehmer muß unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten. Sonst verstößt er schuldhaft gegen seinen Arbeitsvertrag. – Im
Kündigungsschutzprozeß reicht es aus, wenn der Arbeitgeber Tatsachen vorträgt, aus denen hervorgeht, daß die Mitarbeiterin die Durchschnittsleistung erheblich unterschreitet. Es ist dann Sache der Mitarbeiterin,
die Gründe dafür aufzuzeigen und darzulegen, weshalb sie gleichwohl ihre persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. – Beruht die Schlechtleistung auf schuldhafter Zurückhaltung der persönlichen
Leistungsfähigkeit, so kann eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein nach entsprechenden Abmahnungen. – Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistung setzt dagegen voraus, daß
die Mitarbeiterin trotz Ausschöpfung ihrer Leistungsfähigkeit die berechtigten Erwartungen des Arbeitgebers auf eine bestimmte Arbeitsleistung unterschreitet. Die andauernde Minderleistung muß die
wirtschaftliche Ausgewogenheit des Arbeitsvertrages in einer Weise verletzen, die dem Arbeitgeber ein Festhalten an dem Arbeitsvertrag unzumutbar macht.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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