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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 291: Arbeitsrechtliche Schwellenwerte I
Frage:
Wann gilt für mich das Kündigungsschutzgesetz? Ab welcher Mitarbeiterzahl kann ein Betriebsrat gewählt werden? Welche Größe hat der Betriebsrat? Wann muß der Arbeitgeber einen Betriebsrat bezahlt von der
Arbeit freistellen? Wann beginnt die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers für mindestens einen schwerbehinderten Mitarbeiter, alternativ die Zahlung einer monatlichen Ausgleichsabgabe? Wann muß ein Pausenraum
eingerichtet werden, wann ein Wirtschaftsausschuß installiert werden?
Der Fall:
Häberle und Pfleiderer wollen einen Betrieb gründen. Sie überlegen, ob sie die Produktion von Remstal-Spätzle und den Bau einer Trollinger Pipeline in die Landeshauptstadt mit 5, 10 oder 100 Arbeitnehmern
beginnen sollen. Häberle war früher bei Daimler beschäftigt und in der Gewerkschaft. Von daher weiß er, daß es bestimmte Arbeitnehmer-Schwellenwerte gibt, die gewisse Arbeitnehmer-Rechte bzw.
Arbeitgeberpflichten und Maßnahmen auslösen. Pfleiderer meint, daß sie sich unbedingt über diese Schwellenwerte kundig machen müßten. Die Gastarbeiter Jimmy Hendrix und Frank Zappa werden von Häberle für den
Bau der Pipeline „Schwabenstolz“ angeheuert. Bereits nach dem ersten Trollinger-Probelauf und einer aufopfernden Güteprüfung kamen Hendrix und Zappa auf die Idee, unverzüglich einen Betriebsrat zu wählen. Als
Pfleiderer daraufhin im mittelständischen Schwabenzorn den beiden Gastarbeitern Spätzleentzug und Kündigung androhte, verwiesen Zappa und Hendrix darauf, daß in Deutschland – anders als in den USA – das
Kündigungsschutzgesetz gelte und eine Kündigung nicht ohne Weiteres in Betracht komme. Was gilt nun?
Die Lösung:
Im Arbeitsrecht gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, die Arbeitnehmer wie Arbeitgeber zu beachten haben. Eine Reihe von Gesetzen bzw. eine Reihe von Pflichten oder Rechten gelten jedoch erst dann, wenn im Betrieb
oder im Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern beschäftigt werden. Diese Schwellenwerte zu kennen, kann im Einzelfall sehr wichtig sein. Deshalb folgende Aufstellung.
Ab 1 Arbeitnehmer – §
2 Arbeitsplatzschutzgesetz: Kündigungsschutz für Arbeitnehmer ab Zustellung des Einberufungsbescheides zur Bundeswehr bis zur Beendigung des Grundwehrdienstes,
– § 9 Mutterschutzgesetz: Kündigungsverbot für Schwangere, – Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit nach dem Arbeitssicherheitsgesetz, die Schwellenwerte variieren je nach
Berufsgenossenschaft, – Arbeitsschutzgesetz zur Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit, –
Nachweisgesetz. § 2 Pflicht des Arbeitgebers, spätestens 1 Monat nach Beginn der Beschäftigung alle wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem
Arbeitnehmer auszuhändigen.
Ab 5 Arbeitnehmer – In Kleinbetrieben unter 10,5/11 Arbeitnehmer: Geltung des Betriebsverfassungsgesetzes. Nach § 1 kann ab 5 ständig wahlberechtigten Arbeitnehmern ein
Betriebsrat gewählt werden, wenn 3 Arbeitnehmer wählbar sind. Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer des Betriebes, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die 6 Monate dem
Betrieb angehören. Der Betriebsrat besteht zwischen 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 1 Person (Betriebsobmann/-frau). Achtung: In Kleinbetrieben unter 10,5/11 Arbeitnehmer entfällt der
Alt-Kündigungsschutz, wenn die Zahl der Altarbeitnehmer unter 5,5 sinkt, auch wenn Altarbeitnehmer ausscheiden.
Ab 6 Arbeitnehmer – In Kleinbetrieben unter 10,5/11 Arbeitnehmern: Geltung des
Kündigungsschutzgesetzes für Altarbeitnehmer, die bereits vor dem 1.1.2004 beschäftigt waren, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits das Kündigungsschutzgesetz galt, also mindestens 6 Arbeitnehmer beschäftigt waren.
Teilzeitarbeitnehmer werden dabei nach § 23 Abs. 1 KSchG nur anteilig mitgerechnet. Achtung: In Kleinbetrieben unter 10,5/11 Arbeitnehmern entfällt der Alt-Kündigungsschutz, wenn die Zahl der
Altarbeitnehmer unter 5,5 sinkt, d.h. wenn Altarbeitnehmer ausscheiden. – Früher: Nach Geschlechtern getrennte Toilettenräume. Heute: Bei Beschäftigung von Männern und Frauen bereits ab jeweils 1 Person
getrennte Toilettenräume und geeignete, getrennte Umkleide- und Waschräume bzw. getrennte Nutzung.
Ab 11 Arbeitnehmer – Einrichtung eines großen Pausen-Raumes oder eines entsprechenden großen Bereichs.
Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigten in Büroräumen oder vergleichbaren Arbeitsräumen beschäftigt sind und dort gleichwertige Voraussetzungen für eine Erholung während der Pause gegeben sind. Fallen
regelmäßige und häufige Arbeitsbereitschaftszeiten oder Arbeitsunterbrechungen an, so sind Räume für Bereitschaftszeiten einzurichten, wenn keine Pausenräume vorhanden sind. – Geltung des
Kündigungsschutzgesetzes für alle Arbeitnehmer. Nach § 23 Abs. 1 KSchG gilt der allgemeine Kündigungsschutz – außer bei Altfällen – nur noch in Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern. Achtung: Bei der
Zählung der Arbeitnehmer ist nicht von der Kopfzahl, sondern von vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern auszugehen. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr
als 20 Stunden werden nur mit 0,5, Arbeitnehmer mit nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 und Arbeitnehmer mit mehr als 30 Stunden mit der vollen Zahl berücksichtigt.
Ab 16 Arbeitnehmer – Nach § 8
Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) haben Arbeitnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf die Reduzierung ihrer Arbeitszeit und Beschäftigung auf einem Teilzeitarbeitsplatz, sofern betriebliche Belange dem
nicht entgegenstehen und sofern mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt werden (Kopfzahl), § 8 Abs. 7 TzBfG.
Ab 20 Arbeitnehmer – Pflicht zur Beschäftigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers. Ab 20
Arbeitsplätzen müssen wenigstens 5 % der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden. Dabei sind schwerbehinderte Frauen besonders zu berücksichtigen. Sofern der Arbeitgeber die
vorgeschriebene Zahl der schwerbehinderten Menschen nicht beschäftigt, muß er für jeden unbesetzten Pflichtarbeitsplatz eine Ausgleichsabgabe zahlen. Diese Ausgleichsabgabe beträgt nach § 77 SGB IX zwischen 105
Euro sowie 260 Euro.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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