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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 281: Arbeitslosengeld – Sperrzeit III
Der Fall
Der Pendler Leon Foucault hat sich nach Ablauf seines Pendel-Patentes zur Vermeidung von Armut als Lagerarbeiter beim Komponisten und Notenproduzenten Rolf Liebermann verdingt. Der
Arbeitgeber Liebermann baute im Zuge von „Lean Production“ das Lager ab und wollte allen Lagerarbeitern kündigen. Zunächst aber bot er Leon Foucault und Kollegen einen Aufhebungsvertrag unter Einhaltung der
vertraglichen Kündigungsfrist an nebst einer Abfindung. Diese betrug im Falle von Foucault 5000 Euro. Die Arbeitsagentur hat wegen Arbeitsaufgabe durch Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit von 12 Wochen
verhängt. Die ebenfalls zur Kündigung anstehende Notenmalerin Greta Garbo nahm ebenso wie Leon das Abfindungsangebot an. Auf Vorschlag des Arbeitgebers Liebermann wurde im Auflösungsvertrag von Greta die
Kündigungsfrist um 3 Monate verkürzt. Dafür erhöhte Liebermann den Abfindungsbetrag um 2 Monatsgehälter von 5000 Euro auf 8000 Euro. Justinus Kerner war Hofpoet bei Kaiser Trajan. Irgendwann konnte Justinus
nicht mehr verbergen, daß er schwerer Stotterer war. Der empörte Trajan bot Kerner die fristlose Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag „im beiderseitigen Einvernehmen“ ohne Abfindung an. Um den Makel der
fristlosen Kündigung zu verhindern, unterschrieb Justinus Kerner den Aufhebungsvertrag. Justinus Kerner hat einen Grad der Behinderung von 50 wegen Stottern und sonstigem. Die Arbeitsagentur fragt, warum er
nicht wenigstens auf die Einschaltung des Integrationsamtes durch Kaiser Trajan bestanden habe. Sowohl Greta Garbo wie auch Justinus Kerner wurde wie schon Leon jeweils eine Sperrzeit verhängt. Alle 3 wollen
dagegen klagen. Mit Erfolg?
Die Lösung
1. Versicherungswidriges Verhalten
Nach § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGB III liegt versicherungswidriges Verhalten insbesondere dann vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst hat. Gerade der Abschluß
eines Aufhebungsvertrages stellt generell eine freiwillige Arbeitsaufgabe dar, die zu einer Sperrzeit führen kann. Dabei spielt es keine Rolle, wie der Aufhebungsvertrag bezeichnet wird, ob als Auflösungs-,
Beendigungs-, Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag. In jedem Falle wäre ein versicherungswidriges Verhalten gegeben.
2. Wichtiger Grund
Von einer Sperrzeit ist jedoch dann abzusehen, wenn für das versicherungswidrige Verhalten ein wichtiger Grund vorlag. Nach § 144 Abs. 1 Satz 4 SGB III muß der Arbeitnehmer bzw. der
Arbeitslose die für die Beurteilung eines wichtigen Grundes maßgebenden Tatsachen jedoch darlegen und im Zweifel auch nachweisen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Tatsachen in seiner Sphäre oder in seinem
Verantwortungsbereich liegen.
3. Leon Foucault
Lagerarbeiter Leon hätte in jedem Falle die betriebsbedingte Kündigung gedroht, da der Arbeitgeber Liebermann das Lager schließen wollte und im Bereich der Notenproduktion für einen
Arbeiter keine andere Verwendung mehr vorhanden gewesen wäre. Bei einem derartigen Sachverhalt steht das berechtigte Interesse des Lagerarbeiters, sich wenigstens eine Abfindung zu sichern, gleichwertigen
Interessen der Versichertengemeinschaft gegenüber. Aus diesem Grunde hat das Bundessozialgericht entschieden, daß der Arbeitnehmer Leon für den Abschluß des Auflösungsvertrages einen wichtigen Grund im Sinne
des § 144 SGB III hatte. Es war ihm das Abwarten einer arbeitgeberseitigen Kündigung ohne Abfindung nicht zuzumuten, da er ohnehin keine Chance gehabt hätte, gegen die sozial gerechtfertigte Kündigung
erfolgreich vorzugehen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch der Wille des Gesetzgebers, der in § 1 a Kündigungsschutzgesetz zum Ausdruck kommt. Danach ist es ohne Sperrzeit möglich, daß der
Arbeitgeber im Vorfeld einer Kündigung eine Abfindung in Höhe von ½ Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr anbietet. Verzichtet der Arbeitnehmer auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, so entsteht ein
entsprechender Abfindungsanspruch. Auch in diesem Falle ist die Verhängung einer Sperrzeit wegen rechtmäßigem Verhalten des Arbeitnehmers ausgeschlossen. Leon Foucault wäre mit einer Klage gegen eine
Sperrzeitverhängung erfolgreich.
4. Greta G.
Für Greta Garbo würde zwar im Grundsatz dasselbe gelten, wie für Leon Foucault. Im Falle von Greta ist jedoch die vertragliche Kündigungsfrist nicht eingehalten. Hat der Arbeitslose
wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten und ist das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden, so ruht nach § 143 a SGB III ebenfalls der
Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches beginnt mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses bis zu dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordnungsgemäßen
Kündigungsfrist geendet hätte. Dies bedeutet, daß Greta Garbo mit der Erhöhung der Abfindung unter Verzicht auf die Kündigungsfrist nichts gewonnen hat. Achtung: Außerdem besteht der dringende Verdacht,
daß in der Abfindung insoweit verstecktes Entgelt enthalten ist. Der Arbeitgeber muß deshalb damit rechnen, daß er für den Abfindungsbetrag ganz oder teilweise noch Sozialversicherungsbeiträge abführen muß.
5. Justinus K.
Justinus Kerner hat einen besonderen Kündigungsschutz nach § 85 SGB IX genossen. Als schwerbehinderter Arbeitnehmer ist er mit einem Grad der Behinderung von 50 erst dann kündbar, wenn
das Integrationsamt der Kündigung zugestimmt hat. Der Abschluß eines Aufhebungsvertrages mit Kaiser Trajan stellte, wie schon bei seinen Vorgängern, ein versicherungswidriges Verhalten dar, das nach § 144
Abs. 1 Ziff. 1 SGB III zu einer Sperrzeit bis zu 12 Wochen Anlaß gibt. Justinus Kerner hat keine wichtigen Gründe, die für den Auflösungsvertrag und gegen eine Sperrzeit sprächen. Vor allem hätte er sich
gegen die ihm von Trajan angekündigte Kündigung erfolgreich arbeitsrechtlich wehren können, solange das Integrationsamt nicht angehört wurde und der Kündigung zugestimmt hat. Der Umstand, daß Justinus wegen
seines Stotterns und damit wegen seiner Behinderung gekündigt werden sollte, hätte voraussichtlich zu einer Ablehnung der Kündigung durch das Integrationsamt geführt. Justinus hat deshalb letztendlich die
Beendigung seines Arbeitsverhältnisses herbeigeführt, ohne für den Auflösungsvertrag einen wichtigen Grund im Sinne des Gesetzes besessen zu haben. In seinem Falle wäre die Sperrzeit durch die Arbeitsagentur
begründet gewesen.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
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133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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