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Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
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Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
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Folge 231: Neue Sperrzeitprobleme III
Der Fall:
Arbeitgeber Ödipus fühlt sich von der jungen Betriebskrankenschwester Nausikaa genervt. Er schafft kurzerhand den betrieblichen medizinischen Dienst ab und
kündigt Nausikaa betriebsbedingt. Ödipus fiel wegen dieser Tat später in Depressionen. Seine weise Mutter Iokaste riet ihm, der gekündigten, arbeitslosen Nausikaa mit einer Abfindung unter die Arme zu
greifen. 2 Monate nach erfolgter Kündigung schlossen beide einen Abwicklungsvertrag, in dem sich Ödipus verpflichtete, 10.000 Euro Abfindung an Nausikaa zu zahlen.
Die Arbeitsagentur möchte gerne eine Sperrzeit verhängen. Darf sie das?
Die Lösung
1. Die neue Rechtsprechung
In dem neuen Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.12.2003 hat das Gericht generell die Verhängung einer Sperrfrist auch bei Abschluß eines
„Abwicklungsvertrages“ anerkannt. Das Gericht begründet dies damit, daß die Arbeitnehmerin generell mit einem Abwicklungsvertrag und der Entgegennahme einer Abfindung oder anderer Leistungen einen aktiven
Beitrag zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses leistet und auf ihren Kündigungsschutz verzichtet. Davon gibt es jedoch 2 gewichtige Ausnahmen, die nachfolgend behandelt werden. Nausikaa erfüllt eine der
wichtigen Ausnahmen.
2. Später Abwicklungsvertrag
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bezieht sich auf alle die Aufhebungs- oder Abwicklungsverträge, die entweder vor Ausspruch einer Kündigung
(Aufhebungsvertrag) oder nach Ausspruch einer Kündigung (Abwicklungsvertrag) innerhalb der ersten 3 Wochen nach Zugang der Kündigung abgeschlossen werden. Nach § 4 Kündigungsschutzgesetz muß ein Arbeitnehmer
nach Erhalt der schriftlichen Kündigung binnen 3 Wochen klagen. Unterläßt er die Klage, gilt die Kündigung gem. § 7 Kündigungsschutzgesetz als rechtswirksam. Eine weitere gerichtliche Überprüfung ist in der
Regel dann ausgeschlossen. Das Bundessozialgericht geht davon aus, daß der Abwicklungsvertrag vor oder in diesen ersten 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung den Arbeitnehmer von der Geltendmachung seines
Kündigungsschutzes abhält. Er verzichtet auf die Kündigungsschutzklage gegen Zahlung einer Abfindung. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Abwicklungsvertrag erst nach Ablauf der Klagefrist für die
Erhebung der Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG) abgeschlossen wird. Bedingung ist allerdings, daß vorherige Absprachen oder Ankündigungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht bestehen. Das BSG führt aus,
daß eine Ausnahme von den (in den letzten Folgen) geschilderten Grundsätzen bestehen könne, soweit in einem Abwicklungsvertrag nach Ablauf der Klagefrist ohne vorherige Absprache „lediglich Einzelheiten zur Beendigung und Abwicklung des Arbeitsverhältnisses“ geregelt werden, die nicht in Beziehung zur Kündigung an sich stehen.
Im Falle Nausikaa bedeutet dies, daß der gesetzliche Kündigungsschutz von Nausikaa nach Zugang der Kündigung und Ablauf von 3 Wochen verloren war. Ödipus und Nausikaa haben
erst 2 Monate nach Ausspruch der Kündigung den Abwicklungs- und Abfindungsvertrag geschlossen. Die Zahlung der Abfindung war somit nicht ursächlich für die Versäumung der Klagefrist. Es darf deshalb von der
Arbeitsagentur deshalb keine Sperrzeit verhängt werden!
3. Arbeitsgerichtlicher Vergleich?
Das Bundessozialgericht hat weiter ausgeführt, daß die Arbeitsagenturen bei der Verhängung von Sperrfristen eine besondere Betrachtung anstellen müssen,
wenn ein Abfindungs- und Abwicklungsvertrag ohne vorherige Absprache in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren geschlossen wird. Danach scheint BSG davon auszugehen, daß arbeitsgerichtliche Vergleiche von der
Bundesagentur respektiert werden sollten. Dies gilt allerdings nur dann, wenn der arbeitsgerichtliche Vergleich nicht durch vorherige Manipulationen in die Wege geleitet wurde. Werden solche Verdachtsmomente
der Arbeitsagentur bekannt, muß mit der Verhängung einer Sperrzeit gerechnet werden. Achtung: Ein solches Verfahren bietet keine wirkliche Sicherheit vor Sperrzeiten. Die Bundesagentur ist vom Grundsatz her weder an arbeitsgerichtliche Vergleiche, noch an arbeitsgerichtliche Urteile gebunden. Sie entscheidet nach eigenem Ermessen. Dies bedeutet, daß auch bei arbeitsgerichtlichen Abfindungsvergleichen eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosengeldbezug verhängt werden kann.
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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
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Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
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Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
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Folgenübersicht:
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1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
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