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Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle

 

Hans Gottlob RühleHans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen,
Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D.,
gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.

 

Folge 196: Betriebsausflug III

Der Fall

    Der Betriebsausflug bei Arbeitgeber Häberle dauert bis tief in die Nacht, bis 24 Uhr. Notgedrungen mußten auf Arbeitgeberweisung die Abteilungsleiterin Kirschblüte und der Buchhalter Gscheidle Notdienst leisten. Sie meinen, wegen dieser „Zusatzleistung“ zumindest Überstundenzuschläge von 50 % beanspruchen zu können.
    Die am Betriebsausflug beteiligten Arbeitnehmer verweisen darauf, daß Dienstschluß um 17.00 Uhr war. Die Zeitdifferenz bis 24 Uhr von 7 Stunden möchten sie als Überstunden vergütet bekommen. Zumindest aber müsse Häberle einen Freizeitausgleich gewähren.
    Arbeitgeber Häberle hat einen Zuschuß zum Betriebsausflug gegeben. Er hat die Fahrtkosten bezahlt, die Eintritte und ein üppiges Mittagessen spendiert. Arbeitnehmer Gscheidle, der als Notdienst in der Telefonzentrale saß, kippt schier über, als er dies hörte. Er möchte auch noch einen Zuschuß entsprechend dieser Arbeitgeberzuwendungen. Häberle dagegen meint, daß die Zuschüsse nur für den Betriebsausflug gedacht waren.
    Die ängstliche Mitarbeiterin Susanne verknackst sich beim fröhlichen Abschlußtanz einen Fuß. Lag ein Betriebsunfall vor?
    Arbeitgeber Häberle bekommt Besuch von seinem Steuerberater. Dieser prüft, ob Steuer für seine Zuschüsse zum Betriebsausflug zu bezahlen ist. Häberle fühlt sich vom Finanzamt verfolgt.

Die Lösung

1. Arbeitgeberzuschüsse

    Viele Arbeitgeber beteiligen sich an den Kosten des Betriebsausflugs. Die Arbeitnehmer haben jedoch generell keinen Anspruch auf Zuschüsse zum Betriebsausflug durch den Arbeitgeber oder gar auf Kostenerstattung.
    Soweit der Arbeitgeber sich nicht vertraglich oder durch Betriebsvereinbarung gebunden hat, ist es jedenfalls zunächst seine freie Entscheidung, ob er Zuschüsse zahlt.
    Zwar könnte bei vieljähriger Zuschußzahlung ohne Vorbehalt an eine betriebliche Übung und damit an eine Anspruchsgrundlage gedacht werden. Eine solche Rechtsfolge ist aber abzulehnen. Da der Zuschuß des Arbeitgebers in der Regel der Belegschaft als Ganzes zur Verfügung gestellt wird, entstehen keine individuellen Ansprüche einzelner Arbeitnehmer auf einen persönlichen Zuschuß.
    Zuschüsse des Arbeitgebers müssen gleichmäßig an alle Arbeitnehmer verteilt werden. Es wäre unzulässig, einzelne Arbeitnehmer von den Zuschüssen auszunehmen. Dies gilt jedenfalls solange, wie ein ausreichender sachlicher Grund nicht vorliegt.
    Arbeitnehmer, die freiwillig nicht am Betriebsausflug teilnehmen wollen, haben keine Ansprüche auf die gebundenen Zuschüsse des Arbeitgebers. Etwas anderes kann jedoch im Falle des Notdienstes gelten.
    Hier muß im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes berücksichtigt werden, daß die Notdienst-Mitarbeiter freiwillig oder auf Anordnung des Arbeitgebers im Dienst der Allgemeinheit tätig waren. Der Ausschluß der Notdienst-Mitarbeiter aus der Zuschußgewährung dürfte deshalb sachwidrig sein und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Arbeitnehmer Gscheidle hat Recht, wenn er deshalb ein ebenso üppiges Mittagessen vom Arbeitgeber fordert, wie er auf dem Betriebsausflug spendiert hatte.

2. Unfallversicherung

    Betriebsausflüge sind als betriebliche Tätigkeit anzusehen. Sie unterliegen deshalb als Gemeinschaftsveranstaltung auch der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Betriebsausflug vom Arbeitgeber mitorganisiert wurde oder seine Billigung gefunden hatte.
    Der Versicherungsschutz umfaßt dann alle Tätigkeiten, die mit dem Betriebsausflug zusammenhängen, wie der Weg zum Betriebsausflug und nach Hause. Dazu gehören auch die beim Betriebsausflug üblichen Verrichtungen, wie Reisen, Besichtigen, Wandern, ggf. gemeinsam Essen oder Tanzen.
    Achtung: Fraglich ist es, ob übermäßiger Alkoholgenuß und die danach stattgefunden Unfälle unter den Versicherungsschutz fallen. Zur betrieblichen Tätigkeit gehört jedenfalls nicht der übermäßige Genuß von Alkohol mit allen weiteren Folgen.
    Finden sich nach Abschluß des Betriebsausfluges noch Mitarbeiter zum geselligen Beisammensein zusammen, so liegt kein Betriebsausflug mehr vor. Der Versicherungsschutz ist - auch für den Nachhauseweg - erloschen.

3. Steuerpflicht

    Jede Vergütung unterliegt der Einkommen- oder Lohnsteuerpflicht. Darunter können auch Zuschüsse des Arbeitgebers für den Betriebsausflug fallen.
    Zuwendungen des Arbeitgebers für einen Betriebsausflug gehören nicht zum Arbeitslohn, sondern erfolgen im betrieblichen Interesse, wenn
    – es sich um einen üblichen Betriebsausflug handelt und
    – die Zuwendungen des Arbeitgebers Üblichkeitsgrenzen nicht überschreiten.
    Nach bisheriger Rechtsprechung wird ein eintägiger Betriebsausflug als üblich angesehen. Nur ein Finanzgericht hat mittlerweile auch einen Betriebsausflug mit Übernachtung als üblich angesehen. Dies bleibt aber problematisch.
    Ein Betriebsausflug ist von seinen Umständen als üblich anzusehen, wenn gemeinsame Aktivitäten außerhalb des Betriebes entfaltet werden, wie z.B. Fahrten, Wanderungen, Schiffstouren, Besichtigungen. Der Besuch einer sportliche oder kulturellen Veranstaltung ist nur dann ein begünstigter Betriebsausflug, wenn im Anschluß noch ein geselliges Beisammensein stattfindet.
    Die Teilnahme am Betriebsausflug muß zudem grundsätzlich allen Mitarbeitern offen stehen. Betriebsausflüge als „Belohnung“ für besondere Leistungen sind steuerpflichtige Zuwendungen.
    Mehr als 2 betriebliche Veranstaltungen pro Jahr werden von der Finanzrechtsprechung nicht mehr als üblich angesehen. Üblich wäre also ein Betriebsausflug und eine Weihnachtsfeier im Jahr.
    Darüber hinausgehende Zuwendungen für weitere Veranstaltungen sind in jedem Falle als Arbeitslohn steuerpflichtig.
    Die Höhe der üblichen Zuwendungen im steuerfreien Bereich wären mit ca. 100 Euro pro Arbeitnehmer anzusetzen. Bei höheren Zuwendungen pro Arbeitnehmer liegt in voller Höhe für die gesamte Zuwendung ein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.
    Bei der Berechnung der Zuwendung pro Arbeitnehmer müssen einerseits alle Zuschüsse des Arbeitgebers, Barzuschüsse ebenso wie Fahrtkosten, Eintrittsgelder etc. zusammengerechnet und durch die Anzahl der Teilnehmer des Betriebsausfluges dividiert werden. Sollte der Arbeitgeber bei seinen Zuschüssen hier über die Grenzen der Finanzregeln hinausgegangen sein, hätte er grundsätzlich Lohnsteuer einzubehalten und abzuführen.
    Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz kann er jedoch die nachträglich zu versteuernden Beträge auch mit einem Pauschsteuersatz von 25 % versteuern.
     

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Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:

Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
  

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Arbeitsrecht
von H.G. Rühle

Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen:
Folge 1 - 100
Folge 101 - 200
Folge 201 - 300
Folge 301 ff.

 

Folgenübersicht:

1 - 12:
Freie Bewerberauswahl?
Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten
Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch

13 - 24:
Psych. Gutachten
Gentest
Assessment Center
Neues Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)

25 - 36:
Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG)
Neues im Erziehungsrecht

37 - 48:
Berufsschule/Freistellung
Dumpinglöhne
Kündigung/soz. Aspekte
Mobbing

49 - 60:
Das Arbeitszeugnis
Zeugnisgrundsätze
Zeugnissprache
Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung

61 - 72:
Kündigung/Kopftuchtragen
Blutuntersuchungen

73 - 84:
Abmahnung
Andere Sanktionen

85 - 96:
Betriebl. Altersversorgung
Betriebsrente
“Riester-Rente”
Entgeltumwandlung

97 - 108:
Forts. “Riester-Rente”
Weihnachtsgratifikation
Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen
Krankheitsvertretung

109 - 120:
Lohngrundsätze I-V
Nebentätigkeitsverbot
Mobbing I-VI

121 - 132:
Kündigung - was tun?
Checkliste

133 - 144:
Kündigung - was tun?
Soll ich klagen?
Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?

145 - 156:
Neues Kündigungsrecht 2004

157 - 168:
Neues Kündigungsrecht
Sozialauswahl
Klagefrist
Neuregelung TzBfG

169 - 180:
Hartz IV
Ein-Euro-Job

181-192:
Ein-Euro-Job Forts.
Ausgleichsquittung /
unzulässiger Lohnverzicht

193 - 204:
Betriebsausflug
Elternzeit
Betriebsübergang

205 - 216:
Betriebliche Mitarbeiterkontrollen
Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz

217 - 228:
Neue Gewerbeordnung
Gebetspausen

228 - 240:
Neue Sperrzeitprobleme
Beendigungsvergleich

241 - 252
Ethik-Regeln I-XII

253 - 264
Hitzeregelungen
Internetnutzung (Kündigung)

265 - 276
Nebentätigkeiten
Arbeit auf Abruf

277 - 288
Arbeitslosengeld - Sperrfrist
Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld

289 - 300
Arbeitsrechtliche Schwellenwerte
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

301 - 312
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

313 - 323
Sittenwidrige Vergütung

324 - 335
Schutz der behinderten Menschen

336 - 347
Schutz der behinderten Menschen
Annahmeverzug