|
|
|
Hans-Gottlob-Ruehle.de Arbeitsrecht von Hans Gottlob Rühle |
|
|
|
|
Hans Gottlob Rühle,
Richter am Arbeitsgericht Gießen, Direktor des Arbeitsgerichts Marburg a.D., gibt Praxistips rund um das Thema Bewerbung und Arbeitsrecht.
|
|
|
Folge 21: Schriftform der Befristung
Viel Ärger ist in befristeten Arbeitsverhältnissen in der Vergangenheit dadurch aufgetreten, daß die Arbeitsvertragsparteien die Befristung nicht korrekt niedergelegt haben. Arbeitsverträge sind oft nicht
schriftlich oder unzureichend gefertigt worden.
Der Fall:
Arbeitgeber Pudel kennt seinen Kegelbruder Kränzchen schon lange. Er will Kränzchen als Arbeitnehmer einstellen, vorsichtshalber aber nur befristet. Ein sachlicher Grund besteht nicht.
Arbeitgeber Pudel und Arbeitnehmer Kränzchen sind sich darüber einig, daß die Befristung vom 1.11.2000 bis zum 31.10.2001 laufen soll. Auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag verzichten sie. Das scheint ihnen
angesichts ihrer Freundschaft und ihres guten Vertrauensverhältnisses als Kegelbrüder unwürdig zu sein. Am 31.10.2001 sind bestimmte Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Mit Wissen von Pudel arbeitet Kränzchen
noch 2 Wochen weiter. Als Pudel ihm die Papiere gibt, zeigt sich Kränzchen erstaunt. Er meint, sich in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu finden. Er beruft sich auf die fehlende Schriftform. Pudel meint,
daß diese erst mit dem neuen Teilzeit- und Befristungsgesetz ab dem 1.1.2001 eingeführt worden ist. Wer hat Recht?
Die Lösung:
1. Zulässigkeit der Befristung
Die Befristung ab dem 1.11.2000 erfolgte noch nach dem alten Beschäftigungsförderungsgesetz. Ein sachlicher Grund lag nicht vor. Sowohl nach dem alten Beschäftigungsförderungsgesetz, wie
nach § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist jedoch eine Befristung ohne sachlichen Grund bis zu 2 Jahren zulässig gewesen. Arbeitnehmer Kränzchen kann sich insoweit nicht auf eine Unwirksamkeit
der Befristung berufen.
2. Schriftform
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrages zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform! Diese Regelung ist eindeutig und klar. Die fehlende Schriftform führt
generell zur Unwirksamkeit der Befristung. Die Unwirksamkeit der Befristung führt dazu, daß der befristete Arbeitsvertrag auf unbestimmte Zeit beschlossen ist. Arbeitgeber Pudel beruft sich zwar darauf, daß
der Vertrag schon Anfang November 2000 geschlossen wurde. Zu diesem Zeitpunkt galt das Teilzeit- und Befristungsgesetz noch nicht. Pudel übersieht aber, daß die Schriftlichkeit der Befristungsabrede schon seit
dem 1. Mai 2000 zwingend gesetzlich vorgeschrieben war durch die Neufassung des § 623 BGB. Dies bedeutet, daß alle befristeten Arbeitsverträge, die ab dem 1. Mai 2000 abgeschlossen wurden, einer schriftlichen
Befristungsabrede bedürfen. Fehlt diese, befindet sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Wichtig:
Nur die Befristung des Arbeitsvertrages bedarf zur Wirksamkeit der Schriftform. Dies bedeutet, daß der Befristungsgrund
im Arbeitsvertrag nicht schriftlich niedergelegt sein muß. Es muß deshalb insbesondere nicht schriftlich festgelegt werden, ob es sich um eine Befristung ohne sachlichen Grund oder um eine Befristung mit einem bestimmten sachlichen Grund handelt. Bei Befristungen mit sachlichem Grund ist aber die schriftliche Fassung schon aus Beweisgründen dringend zu empfehlen.
3. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Arbeitnehmer Kränzchen beruft sich für seinen Weiterbeschäftigungswunsch insbesondere auch auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31.10.2001 hinaus. Nach § 15 TzBfG
endet das befristete Arbeitsverhältnis mit Ablauf der vereinbarten Zeit oder mit Erreichen des Befristungszwecks (Zweckbefristung). Pudel und Kränzchen hatten den 31.10.2001 vereinbart. Mit dieser Zeit wäre
das Arbeitsverhältnis beendet worden, wenn eine schriftliche Befristungsabrede getroffen worden wäre. Nach ständiger Rechtsprechung führt die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den Beendigungszeitraum
hinaus mit Wissen des Arbeitgebers ebenfalls zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Dies hat nunmehr der Gesetzgeber in § 15 Abs. 5 TzBfG gesetzlich festgeschrieben: Wird das Arbeitsverhältnis nach Ablauf
der Zeit, nach der es eingegangen ist (seit Befristung), oder nach der Zweckerreichung (Zweckbefristung) mit Wissen des Arbeitgebers fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, wenn der
Arbeitgeber nicht unverzüglich widerspricht. Arbeitnehmer Kränzchen kann sich vorliegend ebenfalls auf diese gesetzliche Fiktion berufen. Im Ergebnis liegt somit aus zwei Gründen ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis vor: Fehlen der Schriftlichkeit und Fortsetzung über den Beendigungszeitraum hinaus. Merke:
Im Arbeits- und Geschäftsleben sollten die Parteien stets auf Sicherung bedacht sein. Die Schriftform eines Vertrages darf nicht aus Gründen der Freundschaft oder des “Vertrauensverhältnisses” vernachlässigt werden.
>> Nächste Folge: Folge 22. Das Ende der Befristung << Zurück zur Übersicht
|
|
|
|
Textübernahmen aus den Arbeitsrechtsfolgen von Hans Gottlob Rühle: Reine Linkverweise ohne Einschränkung/Begrenzung. Bitte kopieren Sie dazu die URL aus der Browserzeile.
Wörtliche Textzitate: Ohne Rücksprache bis 2 Absätze aus bis zu 10 Folgen jew. mit Linkverweis. Weitergehende Textübernahmen nur mit schriftlicher Genehmigung. Wichtiger Hinweis:
Bitte keine e-mails mit konkreten Rechtsfragen einsenden, da diese nicht beantwortet werden können.
|
Stichwort-Überblick über die Arbeitsrechts-Folgen:
|
Abmahnung, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Arbeitszeugnis, Assessment-Center, Ausgleichsquittung, Beendigungsvergleich, Befristungsrecht, Berufsschulunterricht, Betriebliche Altersversorgung (Entgeltumwandlung, “Riester-Rente”), Betriebliche Mitarbeiterkontrollen, Betriebsausflug, Bewerbungsgespräch, Bewerbungskosten, Bewerbungsurlaub, Dumpinglöhne/Lohnwucher, Ein-Euro-Job, Einstellungsuntersuchung, Elternzeitgesetz, Ethik-Regeln, Erziehungsurlaub/-geld, Gebetspausen, Gehaltsüberzahlung, Geldbußen-Erstattung, Gentest, Gleichbehandlung: (Bewerberauswahl, Gewerbeordnung (neue Regelung), Lohn, Nichteheliche Lebensverhältnisse, Stellenausschreibung), Hartz IV, Kündigung: (Kündigung - was tun? Alkoholmißbrauch, Unzeit, Kleinbetriebe, Kopftuchtragen, Privattelefonate/SMS, Internetnutzung, Schlechtleistung, Schriftform, Sittenwidrige Vergütung, Sperrzeitprobleme, Wiedereinstellungsanspruch, Diebstahl, Schwangerschaft), Kündigungsrecht 2004 (Neuer Abfindungsanspruch, Sozialauswahl, Klagefrist), Lohngrundsätze, Mobbing, Nebentätigkeitsverbot, Psychologisches Gutachten, Rauchverbot/Nichtraucherschutz, Sperrzeit, Teilzeitarbeit (TzBfG), Schwerbehindertenschutz, Videoüberwachung, Weihnachtsgeld (Rückzahlungspflicht)
|
|
|
|
|
|
Arbeitsrecht von H.G. Rühle
Übersicht über alle bisher erschienenen Folgen: Folge 1 - 100 Folge 101 - 200 Folge 201 - 300 Folge 301 ff.
|
Folgenübersicht:
|
1 - 12: Freie Bewerberauswahl? Einstellungsuntersuchung Erkundigungen Bewerbungsurlaub
Bewerbungskosten Zulässige/unzul. Fragen i. Vorstellungsgespräch
13 - 24: Psych. Gutachten Gentest Assessment Center Neues Befristungsrecht /
Teilzeitarbeit (TzBfG)
25 - 36: Forts. Befristungsrecht / Teilzeitarbeit (TzBfG) Neues im Erziehungsrecht
37 - 48: Berufsschule/Freistellung Dumpinglöhne Kündigung/soz. Aspekte Mobbing
49 - 60: Das Arbeitszeugnis Zeugnisgrundsätze Zeugnissprache Zeugnisbenotung
Zeugnisformulierung
61 - 72: Kündigung/Kopftuchtragen Blutuntersuchungen
73 - 84: Abmahnung Andere Sanktionen
85 - 96: Betriebl. Altersversorgung Betriebsrente “Riester-Rente”
Entgeltumwandlung
97 - 108: Forts. “Riester-Rente” Weihnachtsgratifikation Kündigung/Schwangersch.
Gebetspausen Krankheitsvertretung
109 - 120: Lohngrundsätze I-V Nebentätigkeitsverbot Mobbing I-VI
121 - 132: Kündigung - was tun? Checkliste
133 - 144: Kündigung - was tun? Soll ich klagen? Wer kann mich beraten?
Wie soll ich klagen?
145 - 156: Neues Kündigungsrecht 2004
157 - 168: Neues Kündigungsrecht Sozialauswahl Klagefrist Neuregelung TzBfG
169 - 180: Hartz IV Ein-Euro-Job
181-192: Ein-Euro-Job Forts. Ausgleichsquittung / unzulässiger Lohnverzicht
193 - 204: Betriebsausflug Elternzeit Betriebsübergang
205 - 216: Betriebliche Mitarbeiterkontrollen Videoüberwachung
Schwerbehindertenschutz
217 - 228: Neue Gewerbeordnung Gebetspausen
228 - 240: Neue Sperrzeitprobleme Beendigungsvergleich
241 - 252 Ethik-Regeln I-XII
253 - 264 Hitzeregelungen Internetnutzung (Kündigung)
265 - 276 Nebentätigkeiten Arbeit auf Abruf
277 - 288 Arbeitslosengeld - Sperrfrist Neues Elternzeitgesetz / Elterngeld
289 - 300 Arbeitsrechtliche Schwellenwerte Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
301 - 312 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
313 - 323 Sittenwidrige Vergütung
324 - 335 Schutz der behinderten Menschen
336 - 347 Schutz der behinderten Menschen Annahmeverzug
|
|
|